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BionicMobileAssistant Mobiles Robotersystem mit pneumatischer Greifhand

02: Visuelle Objekterkennung: eine Tiefenkamera am Handgelenk BionicMobileAssistant Mobiles Robotersystem mit pneumatischer Greifhand Der industrielle Wandel verlangt ein neuartiges Zusammenspiel von Menschen, Maschinen und Daten. Werker und Roboter werden in Zukunft immer mehr und enger zusammenarbeiten. Daher befasst sich Festo intensiv mit Systemen, die den Menschen zum Beispiel bei monotonen oder gefährdenden Tätigkeiten entlasten könnten und gleichzeitig kein Risiko darstellen. Künstliche Intelligenz spielt hierbei eine zentrale Rolle als Enabler. Im Bionic Learning Network, einem Forschungsverbund von Festo mit Hochschulen, Instituten und Entwicklungsfirmen, ist mit dem BionicMobileAssistant ein Robotersystem entstanden, das sich autark im Raum bewegt und Gegenstände erkennen, adaptiv greifen und gemeinsam mit dem Menschen bearbeiten kann. Modulares Assistenzsystem Das gesamte System, das in Kooperation mit der ETH Zürich entwickelt wurde, ist modular aufgebaut und besteht aus drei Subsystemen: einem mobilen Roboter, einem elektrischen Roboterarm und der BionicSoftHand 2.0. Der pneumatische Greifer ist von der menschlichen Hand inspiriert und wurde erstmals 2019 vorgestellt. BionicSoftHand 2.0: nach dem Vorbild der menschlichen Hand Die menschliche Hand ist mit ihrer einzigartigen Kombination von Kraft, Geschicklichkeit und Feinmotorik ein wahres Wunderwerk der Natur. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Daumen, der den anderen Fingern gegenüber positioniert ist. Diese so genannte Opponierbarkeit ermöglicht es uns beispielsweise, eine Faust zu ballen, präzise wie eine Pinzette zu greifen und auch filigrane Arbeiten zu erledigen. Pneumatische Kinematik mit 3D-Textilgestrick Damit die BionicSoftHand 2.0 die Bewegungen der menschlichen Hand naturgetreu ausführen kann, sind auf engstem Raum kleinbauende Ventiltechnik, Sensorik, Elektronik und mechanische Komponenten integriert. Die Finger bestehen aus flexiblen Balgstrukturen mit Luftkammern, umhüllt von einem festen und zugleich nachgiebigen Textilgestrick. Dadurch ist die Hand leicht, anpassungsfähig und sensibel, aber dennoch in der Lage, starke Kräfte auszuüben. Auch die Ansteuerung der pneumatischen Finger erfolgt nach wie vor über eine kompakte Ventilinsel mit Piezoventilen, die direkt an der Hand angebracht ist. Weiterentwicklung mit optimiertem Aktionsradius Um den Spielraum von Daumen und Zeigefinger zu erweitern, haben die Entwickler den seitlichen Schwenkbereich beider Finger deutlich vergrößert. Dadurch können sie nun optimal zusammenarbeiten und sehr präzise greifen. Dank eines 3D-gedruckten Handgelenks mit zwei Freiheitsgraden kann sich die Hand außerdem sowohl vor und zurück als auch nach links und nach rechts bewegen. Somit ist auch ein Greifen mit engem Radius möglich. Sensibler Greifer mit Fingerspitzengefühl Für mehr Stabilität in den Fingern sitzen in den Luftkammern nun zwei Strukturelemente, die als Knochen fungieren. Pro Finger bestimmt ein Biegesensor mit je zwei Segmenten die Positionen der Fingerspitzen. Zudem trägt die Hand einen Handschuh mit taktilen Kraftsensoren an den Fingerkuppen, der Handfläche und den Außenseiten der Roboterhand. So kann sie die Beschaffenheiten des Greifguts fühlen und ihre Greifkraft – genau wie wir Menschen – an den jeweiligen Gegenstand anpassen. Zusätzlich sitzt am Inneren des Handgelenks eine Tiefenkamera zur visuellen Objekterfassung. Objekterkennung mittels neuronalen Netzes Mit Hilfe der Kamerabilder kann die Roboterhand verschiedene Gegenstände erkennen und greifen, selbst wenn diese teilweise verdeckt sind. Nach entsprechendem Training kann die Hand anhand der erfassten Daten die Objekte außerdem beurteilen und so beispielsweise gute von schlechten unterscheiden. Die Verarbeitung der Informationen übernimmt ein neuronales Netz, das im Vorfeld mit Hilfe von Data Augmentation trainiert wurde. Umfangreiche Datensätze durch Data Augmentation Um bestmögliche Ergebnisse zu erreichen, benötigt das neuronale Netz viele Informationen, anhand derer es sich orientieren kann. Das heißt: Je mehr Trainingsbilder ihm zur Verfügung stehen, desto zuverlässiger wird es. Da dies in der Regel zeitaufwändig ist, bietet sich eine automatische Vermehrung der Datenbasis an. Dieses Ver- fahren wird als Data Augmentation bezeichnet. Durch marginale Abänderungen weniger Ausgangsbilder – beispielsweise mit unterschiedlichen Hintergründen, Lichtverhältnissen oder Blickwinkeln – und deren Vervielfältigung erhält das System einen umfangreichen Datensatz, mit dem es selbstständig arbeiten kann. 01: Sicheres Assistenzsystem: Ballbot, DynaArm und BionicSoftHand 2.0 in Aktion 03: Digitales Lernen: Data Augmentation zum Trainieren des neuronalen Netzes 01 03 02 2 Festo SE & Co. KG 3 BionicMobileAssistant: Mobiles Robotersystem mit pneumatischer Greifhand

BionicSoftHand 2.0 Hochintegrierte Softrobotik-Komponente Mainboard Zur Steuerung der Hand und zum Auslesen der Positionsdaten Sensor-Handschuh 113 taktile Kraftsensoren als Matrix an Fingerspitzen, Handfläche und Außenseite Ein pneumatischer Finger im Querschnitt Sensor-Handschuh 3D-Textilgestrick Gummibalg 2 Strukturelemente Biegesensor Blattfeder Verschlauchung Kompakte Ventilinsel Mit 24 proportionalen Piezoventilen zur exakten Bewegung der Finger und des Handgelenks Normzylinder DSNU-S Zur seitlichen Bewegung des Zeigefingers mit einem Schwenkbereich von ca. 45 Grad RealSense™-Tiefenkamera Zur Objekterkennung Schwenkantrieb DRVS Zur seitlichen Bewegung des Daumens mit einem Schwenkbereich von ca. 90 Grad Crimp-Ring Zur Abdichtung der Luftkammern 3D-gedrucktes Handgelenk Verformbar für Bewegungen mit zwei Freiheitsgraden 2 Rundzylinder DSNU Zur Bewegung des Handgelenks über zwei Kugelgelenke

BionicMobileAssistant Mobiles Robotersystem mit pneumatischer Greifhand Kombiniert ist die BionicSoftHand 2.0 mit einem mobilen Ballbot und einem leichten, elektrischen Roboterarm – dem DynaArm. Dank modellbasierter Kraftregelung und Regelalgorithmen zur Kompensation dynamischer Effekte kann der Arm gut auf äußere Einflüsse reagieren und damit sehr feinfühlig mit seiner Umgebung interagieren. Roboterarm mit hoher Leistungsdichte Mit dem DynaArm sind schnelle und dynamische Bewegungen möglich. Dafür sorgt seine leichte Bauweise mit hochintegrierten, nur einem Kilogramm schweren Antriebsmodulen. In diesen so genannten DynaDrives sind Motor, Getriebe, die Motoren-Kontrollelektronik und Sensoren auf engstem Raum verbaut. Außerdem verfügt der Arm über eine hohe Leistungsdichte, die mit einem kW bei 60 Nm Antriebsmoment weit über die der üblichen Industrieroboter hinausgeht. Angesteuert wird er von dem Ballbot aus über einen EtherCAT-Kommunikationsbus. Durch seinen modularen Aufbau lässt sich der DynaArm schnell in Betrieb nehmen und einfach instand halten. Mobile Roboteranwendung mit speziellem Antrieb Für den Ballbot setzen die Entwickler auf ein ausgeklügeltes Antriebskonzept: Der Roboter balanciert auf einer Kugel, die von drei Omniwheels angetrieben wird. Dadurch kann sich der BionicMobileAssistant beliebig in alle Richtungen manövrieren. Der Roboter berührt den Boden immer nur an einem Punkt und kann so auch durch enge Passagen navigieren. Um sein Gleichgewicht zu halten, muss er sich kontinuierlich bewegen. Die Planung und Koordination der Bewegungen erfolgen über Planungs- und Regelalgorithmen, die auf einem leistungsstarken Rechner im Körper des Ballbots hinterlegt sind. Die Stabilität des Roboters wird rein dynamisch realisiert – bei Einflüssen von außen kann der Ballbot die Kugel schnell in Rotation versetzen und so das Gleichgewicht halten. Mit Hilfe einer inertialen Messeinheit und von Positionsencodern an den Rädern erfasst er seine Bewegungen und die relative Neigung des Systems. Ein Optimierungsprogramm berechnet auf Basis dieser Daten, wie sich Roboter und Arm bewegen müssen, um die Hand in Zielposition zu bringen und den Roboter gleichzeitig zu stabilisieren. Mobiler Einsatz an wechselnden Orten Seine gesamte Energieversorgung hat das System an Bord: Die Batterie für Arm und Roboter sitzt im Körper. Die Druckluftkartusche für die pneumatische Hand ist im Oberarm verbaut. Damit ist der Roboter nicht nur mobil, er kann sich auch autark bewegen. Die auf dem Leitrechner hinterlegten Algorithmen steuern auch die autonomen Bewegungen des Systems. Sie planen mit Blick in die Zukunft, wie sich der Arm und der Ball bewegen müssen, um gewisse Zielpunkte zu erreichen und dabei die Balance zu halten. Mit Hilfe von zwei Kameras orientiert sich der Roboter dabei selbst- ständig im Raum: Eine Kamera sucht nach vordefinierten Fixpunkten in der Umgebung, um sich absolut zu positionieren, während eine zweite Kamera die Deckenstruktur zur Abschätzung der Bewegung nutzt. Seine Mobilität und die autarke Energieversorgung ermöglichen dem BionicMobileAssistant einen flexiblen Einsatz für unterschiedliche Aufgaben an wechselnden Orten – ganz im Sinne einer sich ständig wandelnden Fertigung. Vielseitige Anwendungsmöglichkeiten Prädestiniert wäre das System für die Anwendung als direkter Assistent des Menschen, zum Beispiel als Serviceroboter, als helfende Hand in der Montage oder zur Unterstützung von Werkern bei ergonomisch belastenden oder eintönigen Arbeiten. Möglich wäre auch ein Einsatz in Umgebungen, in denen Menschen nicht arbeiten können, etwa aufgrund von Gefahren oder beschränkter Zugänglichkeit. Denkbar sind vor allem Unterhalts- oder Reparaturarbeiten, die Messung von Daten oder optische Überprüfungen. Hand in Hand mit dem Menschen Dank des modularen Konzepts lässt sich die BionicSoftHand 2.0 auch rasch an andere Roboterarme montieren und einfach in Betrieb nehmen. Kombiniert mit dem BionicCobot oder dem BionicSoftArm bildet der Greifer beispielsweise ein komplett pneumatisches Robotersystem, das aufgrund seiner inhärenten Nachgiebigkeit Hand in Hand mit dem Menschen zusammenarbeiten kann. 01 02 01: Sichere Manöver: Selbst wenn er geschubst wird, balanciert sich der Ballbot aus und fällt nicht um. 02: Optimale Traktion: Die drei Omniwheels werden ebenfalls von je einem DynaDrive angetrieben. 03: Autonomes Navigieren: Orientierung im Raum mit Hilfe zweier Kameras 04: Modulares Konzept: die BionicSoftHand 2.0 am BionicCobot 04 03 6 Festo SE & Co. KG 7 BionicMobileAssistant: Mobiles Robotersystem mit pneumatischer Greifhand

Technische Daten BionicSoftHand 2.0 • Freiheitsgrade der Hand: .............................11, inkl. Handgelenk • Gewicht der Hand: ......................................................... 1,295 kg • Maximale Traglast: ...................bis zu 4 kg (je nach Orientierung) • Betriebsdruck Hand bzw. Schwenkmodule: ..............5 bzw. 6 bar • Pneumatische Antriebe: ........................ 1 Schwenkantrieb DRVS, ............................................................. 3 Zylinder DSNU/DSNU-S • Ventiltechnik: ...... 12 Piezopatronen des Motion Terminals VTEM • Computer-Vision: ................. 1 Intel®-RealSense™-Tiefenkamera Material: • Textil Finger: ... technisches 3D-Gestrick (extrem zugfestes Garn) • Bälge: ............................................. EPDM mit SHORE-Härte ~45 • Gehäuse und Handgelenk: .................... 3D-gedrucktes Polyamid • Luftführungsplatte: .................................................... Epoxidharz Sensorik: • 10 Biegesensoren für Fingerposition, 1 Inertialsensor • 113 taktile Kraftsensoren als Matrix im Handschuh • 14 Drucksensoren in der Luftführungsplatte DynaArm • Gesamtgewicht (inkl. BionicSoftHand 2.0): ........................... 8 kg • Traglast: ................................................................................ 8 kg • Reichweite: ..................................................................... 850 mm • Schwenkbereich: . ..................................... 180 ° in jedem Gelenk • Freiheitsgrade: ...................................................... 4 Drehgelenke • Antriebe: ......................... 4 DynaDrives V2 mit 48 V, 32 A, 980 W Ballbot • Gesamtgewicht: ............................................................... 21,9 kg • Batterie: .............................................................. LiPo-Akku, 48 V • Antriebe der Omniwheels: .................................. 3 DynaDrives V2 • Sensorik: ....................................... 1 inertiale Messeinheit (IMU), ........................................... 2 Intel®-RealSense™-Tiefenkameras Festo SE & Co. KG Ruiter Straße 82 73734 Esslingen Deutschland Telefon 0711 347-0 Telefax 0711 347-21 55 cc@festo.com www.festo.com/bionik fesd-044 de 4/2020 Projektbeteiligte Projektinitiator: Dr. Wilfried Stoll, Geschäftsführender Gesellschafter, Festo Holding GmbH Projektleitung: Karoline von Häfen, Dr.-Ing. Elias Knubben, Festo SE & Co. KG Projektteam: Mart Moerdijk, Timo Schwarzer, Sebastian Schrof, Philipp Steck, Emile Dickson, Li Zhong Yong, Lars Schillinger, Mathias Baumann, Festo SE & Co. KG Design: Jörg Peschel, Philipp Eberl, Sebastian Schrof, Festo SE & Co. KG, Genesis Design, München, und IMM Studios, Renningen DynaArm und Ballbot: Prof. Dr. Marco Hutter, Maria Vittoria Minniti, Dhionis Sako, Jan Preisig, ETH Zürich Textiltechnik: Walter Wörner Gesellschaft für textilen Service mbH, Pfullingen Sensortechnologie Matrixsensoren: LOOMIA Technologies Inc., New York, USA

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