PowerGripper Greifen nach Vorbild des Vogels
2 Forschungsprojekt zur Entwicklung neuer Greifersysteme PowerGripper ist ein Hochschulprojekt im Rahmen des Bionic Learning Network. Gemeinsam mit namhaften Lehranstalten, Instituten und Entwicklungsfirmen untersucht Festo den Übertrag biologischer Prinzipien auf die Technik, um damit neuartige Lösungsansätze für die industrielle Praxis hervorzubringen. Kinematik des Vogelschädels Als Ausgangspunkt für das Konzept des PowerGripper diente eine Vorlesung von Prof. Dr. Martin Fischer, Professor des Lehrstuhls für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie der Friedrich-SchillerUniversität Jena. In seinem Vortrag über das Thema Greifsysteme in der Biologie behandelte er unter anderem die komplexe Kinematik eines Vogelschnabels, die bereits 1994 von Dr. Cornelius Schilling und Dr. Klaus Zimmermann, beide TU Ilmenau, beschrieben wurde. Diese Kinematik wird, auf die Technik übertragen, als Watt’sche Kette bezeichnet. Sie war die Basis für die Überlegungen zur Realisierung von Greifersystemen: Als Varianten wurden Flächengreifer, Raumgreifer und Punktgreifer realisiert. Im Folgenden wird der Flächengreifer vorgestellt. Bionische Prinzipien und neue Herstellverfahren Im Projekt PowerGripper setzten die Entwickler dieses bionische Prinzip mit dem Fluidic Muscle von Festo um und kombinierten es mit dem Produktionsverfahren des Metall-Laserschmelzens. Pneumatischer Muskel zur Realisierung Der Fludic Muscle DMSP-5 treibt das Greiferkonzept durch das antagonistische Muskelprinzip, also das Gegenspiel von Beuge- und Streckmuskel, an. Wird der pneumatische Muskel mit Luft befüllt, vergrößert er sich im Durchmesser und wird in der Länge kontrahiert. Der Muskel ermöglicht eine fließend-elastische Bewegung, mit der das Prinzip der Watt’schen Kette umgesetzt wird. Optimiertes Kraft-Gewichts-Verhältnis Mit der Verwendung der Watt’schen Kopplung können bei einem sehr kompakten Bauraum relativ große Öffnungswege realisiert werden. Durch die eingesetzte Leichtbaustruktur, den sehr leichten pneumatischen Muskel und eine Titanlegierung (Ti6Al-4V) als Material für die Grundbauteile erreicht dieser Greifer ein sehr gutes Verhältnis zwischen Kraft und Gewicht. Kinematik des Vogelschädels: Vorbild für den PowerGripper Übertrag auf die Technik: Greifprinzip der Watt’schen Kette
3 Laser-Schmelz-Verfahren: generative Fertigung verschiedenster Bauformen Einzigartige Formfindung durch generative Fertigung Die Leichtbaustrukturen an den Innen- und Außenseiten des Greifers sind nach der Kraftflussrichtung am Bauteil ausgelegt und können in dieser Form nur durch das Laser-Schmelz-Verfahren hergestellt werden. Dabei wird Metallpulver von einem mit 3D-CAD-Daten geführten Laserstrahl Schicht für Schicht umgeschmolzen. Dadurch ergeben sich einzigartige Gestaltungsmöglichkeiten der Formfindung und individuelles 3D-Drucken von komplexen Produkten. Mechanische Kinematik der Watt’schen Kette Bei den mechanischen Komponenten des PowerGripper handelt es sich um ein Grundelement, zwei Fingerelemente, einen Druck- und Zugstab sowie ein Umlenkungsdreieck, welche zusammen die Kinematikelemente der Watt’schen Kette bilden. An der Unterseite des Grundelements befinden sich zwei Bohrungen zur Montage des Greifers an beispielsweise einen Roboter. Auf der Oberseite angebracht sind drei Achspositionen für die Fingerelemente sowie das Umlenkungsdreieck und die Ausnehmungen, die den Bewegungsfreiraum für die Öffnungswege der Finger und das Umlenkungsdreieck gewährleisten. Die drei Achspositionen bilden als gedachtes Dreieck zugleich die Fixpunkte für die Watt’sche Kopplung. Reduziertes Eigengewicht und maximaler Öffnungsweg Der Greifer ist 200 mm hoch, 123 mm breit und 39 mm tief. Sein maximaler Öffnungsweg beträgt 56 mm. Durch die Verwendung der Titanlegierung für die mechanischen Komponenten erzielten die Entwickler ein geringes Eigengewicht des Greifers von 482 g. Vielfältiger Einsatz durch flexible Wahl der Greiffinger Die beiden Fingerelemente sind mit einer gängigen T-Nut für die Mehrzweckaufnahme verschiedener Finger versehen und bieten somit vielfältige, denkbare Einsatzmöglichkeiten beim Greifen von leichten bis mittelschweren Teilen. Impulse für neue Greiferkonzepte Als Forschungsprojekt zeigt der PowerGripper zahlreiche Möglichkeiten in der Entwicklung neuer Greifersysteme auf. Die leichte und doch sehr stabile Aufbaustruktur des Greifers ermöglicht es, das gesamte System dahinter ebenfalls leichter zu bauen und dadurch energieeffizienter zu betreiben. Bei konventionellen Greifern ist das bislang nur bedingt möglich, da diese ein schlechteres Verhältnis von Greifkraft zu Gewicht aufweisen. Auch der große Öffnungs- und Schließhub ist bei einem konventionellen Greifer nur mit einer insgesamt größeren Bauform möglich. Der Druckluftverbrauch ist durch die Verwendung des Muskelantriebs in Verbindung mit der hocheffizienten Kinematik wesentlich geringer als bei einem konventionellen Greifer. Mit dem großen Öffnungsweg könnten verschieden große Teile mit demselben Greifer gegriffen werden. Zudem können an der dafür vorgesehenen Schnittstelle verschiedene Arten von Greifbacken montiert und dadurch auch ungleich geformte Werkstücke aus unterschiedlichen Bereichen bewegt werden. Kraftflussoptimierte Leichtbaustruktur: reduziertes Eigengewicht und Materialeinsparung durch Laser-Schmelz-Verfahren
Technische Daten • Höhe: 200 mm • Breite: 123 mm • Tiefe: 39 mm • Maximaler Öffnungsweg: 56 mm • Eigengewicht: 482 g • Herstellung: Laser-Schmelz-Verfahren • Material: Titan (Ti6Al-4V) • 3 Pneumatische Muskel DMSP-5 mit QSML-M3-4 Anschlüssen Projektbeteiligte Projektinitiator: Dr. Wilfried Stoll, Geschäftsführender Gesellschafter, Festo Holding GmbH Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, Studienrichtung Industrial Design/scionic ® Univ. Prof. Dipl.-Ing. Axel Thallemer, FRSA Leiter der Studienrichtung Industrial Design/scionic ® I.D.E.A.L. Univ. Prof. Dipl.-Ing. Martin Danzer Leiter Computer Aided Industrial Design (CAID) Dipl.-Ing. Dominik Diensthuber, B.Sc. Friedrich-Schiller-Universität Jena Univ. Prof. Dr. Martin Fischer Professor des Lehrstuhls Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie Idee und Darstellung erstmalig 1994 von Dr. Cornelius Schilling und Prof. Dr. Klaus Zimmermann, beide TU Ilmenau, veröffentlicht in Rundschreiben der Gesellschaft für Technische Biologie und Bionik, Nr. 13, 10/1994 54800 de 4/2012 Film Festo AG & Co. KG Ruiter Straße 82 73734 Esslingen Deutschland Telefon 0711 347-0 Telefax 0711 347-21 55 cc@de.festo.com www.festo.com/gruppe
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