eMotionButterflies Ultraleichte Flugobjekte mit kollektivem Verhalten
3 eMotionButterflies 2 Festo AG & Co. KG Das Fliegen ist nicht nur einer der ältesten Menschheitsträume, sondern auch ein immer wiederkehrendes Thema im Bionic Learning Network. Im Verbund mit Hochschulen, Instituten und Entwicklerfirmen entwirft Festo seit Jahren Forschungsträger, deren technische Grundprinzipien aus der Natur abgeleitet sind. Waren die ersten bionischen Flugobjekte von Festo noch mit Helium gefüllt, konnte der SmartBird mit seinem Schlagflügel bereits eigenständig für den nötigen Auftrieb sorgen. Infolgedessen setzten die Entwickler mit dem BionicOpter den Libellenflug technisch um und zeigten mit den eMotionSpheres, wie sich mehrere autonome Flugobjekte in einem abgesteckten Raum kollisionsfrei bewegen können. Mit den eMotionButterflies kombiniert Festo nun den Ultraleichtbau künstlicher Insekten mit dem koordinierten Flugverhalten im Kollektiv. Um dem Flug ihres natürlichen Vorbilds so nahe wie möglich zu kommen, verfügen die künstlichen Schmetterlinge über eine hochintegrierte On-Board-Elektronik. Sie kann die Flügel präzise und individuell ansteuern und so die schnellen Bewegungen umsetzen. Damit die Schmetterlinge die unterschiedlichen Manöver prozess- sicher und stabil fliegen, ist eine permanente Kommunikation nötig. Für die Lokalisierung der einzelnen Flugobjekte sorgen die Funk- und Sensortechnologie an Bord in Kombination mit dem installierten Leit- und Monitoringsystem. Wichtiger Bestandteil des Indoor-GPS ist ein Kamerasystem, wie es auch in der Fabrik der Zukunft eingesetzt werden könnte. Zehn im Raum angebrachte Infrarotkameras erfassen die Schmetterlinge über zwei aktive Marker (Infrarot-LEDs). Die Kameras leiten die Positionsdaten an einen zentralen Leitrechner weiter, der wie ein Fluglotse fungiert und die Schmetterlinge von außen koordiniert. Klare Verhaltensmuster für kollisionsfreies Bewegen Zur Steuerung der eMotionButterflies ist daher kein menschlicher Pilot notwendig. Auf dem zentralen Rechner liegen vorprogrammierte Pfade, die den Schmetterlingen bei ihren Manövern die Flugbahnen vorgeben. Mithilfe von zusätzlich hinterlegten Verhaltensmustern können sie sich aber ebenso autonom durch den Raum bewegen. Eine direkte Kommunikation zwischen den bionischen Flugobjekten findet dabei nicht statt. eMotionButterflies Koordiniertes Fliegen dank Indoor-GPS Jeder Schmetterling erhält seine Flugbahn von dem zentralen Leitrechner per Funk und versucht diese optimal umzusetzen. Die dafür nötigen Flügelbewegungen werden dezentral an Bord der Flugobjekte berechnet. Kommt ein Schmetterling von seiner Bahn ab, wird diese umgehend korrigiert. Dazu misst das Kamerasystem 160 Mal pro Sekunde die exakte Ist-Position aller Flugobjekte, worauf der Leitrechner jede Abweichung neu einregelt. Die Planung der Flugbahnen wird also permanent aktualisiert und die Gefahr von Kollision frühzeitig erkannt. Um diese zu vermeiden, entwirft der Rechner entsprechende Ausweichstrategien auf Basis der definierten Regeln. Exakte Positionsbestimmung dank Infrarottechnik Die zehn Kameras sind dabei so positioniert, dass sie den Raum gesamthaft abbilden und jeder Schmetterling von mindestens zwei Kameras erfasst wird. Durch ihre speziellen Filter nehmen sie nur Infrarotlicht auf und sind unempfindlich gegenüber anderem Licht. Anhand der beiden Infrarot-LEDs am Rumpf der Schmetterlinge erkennen sie deren Position und Orientierung im Raum und können zudem die optisch identischen Flugobjekte unterscheiden. Große Raumabdeckung durch aktive Marker Während passive Reflektoren erst angeleuchtet werden müssen, strahlen die zwei LEDs selbst ein Infrarotsignal aus. Das Licht muss nur die Strecke zwischen Schmetterling und Kamera zurücklegen, sodass mit den aktiven Markern ein größerer Raum mit der gleichen Anzahl an Kameras erfasst werden kann. Die Marker leuchten dabei nicht permanent, sondern blitzen nur für eine Millisekunde auf. Dadurch sind sie äußerst langlebig und energieeffizient. Synchronisiert mit dem Aufblitzen zeichnen die Kameras ein Bild auf, das sie an den Leitrechner senden. Schnelle Kalibrierung des Systems Damit der zentrale Leitrechner weiß, wo sich die Schmetterlinge im Raum befinden, muss er zuerst die Positionen der Kameras kennen. Die nötige Kalibrierung des Systems lässt sich schnell und einfach durchführen. Dazu fliegt ein zusätzliches Flugobjekt mit einem Messkreuz für etwa 15 Minuten frei durch den Raum und wird dabei von den Kameras erfasst. Anhand der aufgezeichneten Flugdaten kann der Rechner die exakten Standorte und Ausrichtungen aller Kameras im Koordinatensystem bestimmen. 03: Modernste Infrarottechnik: präzise Lokalisierung der Schmetterlinge 01: Konsequente Weiterführung: Ultraleichtbau und kollektives Verhalten in Kombination 04: Sicherer Umgang: gefahrlose Interaktion zwischen Mensch und Maschine 02: Vernetztes Gesamtsystem: die Verschmelzung von virtueller und realer Welt 01 02 03 04
Besonderheiten von Schmetterlingen Schmetterlinge sind vor allem dafür bekannt, dass sie als Raupen zur Welt kommen und sich später als meist farbenfrohe Falter entpuppen. Besonders auffällig sind dabei die großen Flügel im Vergleich zu ihrem schmalen Körper. Sie sind hauchdünn und bestehen aus einer elastischen Membran, was den Tieren ihre einzigartige Leichtigkeit und Aerodynamik verleiht. Technischer Nutzen für Festo Mit den eMotionButterflies hat Festo ihren äußerst grazilen und beweglichen Flug nun technisch umgesetzt. Damit die ultraleichten Flugobjekte nicht miteinander kollidieren, werden sie von einem Indoor-GPS koordiniert, das auch als Leit- und Monitorsystem in der Produktion der Zukunft zum Einsatz kommen könnte. eMotionButterflies Ultraleichte Flugobjekte mit kollektivem Verhalten
7 eMotionButterflies 6 Festo AG & Co. KG eMotionButterflies Hochintegrierte Forschungsträger 04: Höchste Prozessstabilität: kollisions- freie Manöver durch permanente Kommu- nikation 03: Einzigartiges Flugverhalten: frei beweglich wie das natürliche Vorbild 01: Minimales Eigengewicht: konsequenter Leichtbau durch geringen Mate- rialeinsatz 02: Aerodynamische Spaltflügel: größtmögliche Spannweite bei kleinstmöglichem Gewicht In die Steuerung der künstlichen Schmetterlinge ließen die Entwickler ihre Erkenntnisse aus den Projekten zum BionicOpter und den eMotionSpheres einfließen. Das Indoor-GPS kam bereits bei den schwebenden Kugeln zum Einsatz und wurde für die eMotionButterflies weiterentwickelt. Die verbesserte Bildrate der Kameras verleiht dem System eine noch höhere Präzision, die Grundvoraussetzung für das positionsgenaue Tracking der eMotionButterflies war. Im Vergleich zu den eMotionSpheres sind die künstlichen Schmetterlinge sehr wendig und immer in Bewegung. Dadurch ist nicht nur ihr autonomes Verhalten komplexer, sondern auch ihre Koordination von außen. Hochkomplexes System mit reduziertem Materialaufwand Mit den Schmetterlingen selbst geht Festo einen weiteren Schritt in den Bereichen der Miniaturisierung, des Leichtbaus und der Funktionsintegration. Vielfach wird versucht, der Komplexität mit einem entsprechend großen technischen Aufwand zu begegnen. Die eMotionButterflies imponieren dagegen mit einer intelligent eingesetzten Mechanik und kleinstmöglichen Aggregaten auf engstem Bauraum sowie einem stark reduzierten Materialeinsatz. Die Elektronik an Bord erlaubt das präzise Ansteuern der beiden Flügelpaare und beinhaltet eine eigene Inertialsensorik zur Regelung des Flugverhaltens. Mit den beiden Servomotoren lassen sich die Schlagamplitude, die Schlaggeschwindigkeit und die jeweiligen Umkehrpunkte individuell und frei auswählen. Auf diese Weise sind die eMotionButterflies voll manövrierbar, sehr wendig und kommen ihrem biologischen Vorbild äußerst nahe. Neue Ansätze für die Fabrik der Zukunft Im Rahmen des Bionic Learning Network befasst sich Festo aber nicht nur mit der technischen Umsetzung natürlicher Prinzipien. Die bionischen Projekte dienen auch als Forschungsträger für Technologien, Anwendungen und Lösungen in der Produktion der Zukunft. Im Zuge dessen erprobt Festo schon seit mehreren Jahren das kollektive Verhalten von vernetzten Komponenten. Die eMotionButterflies werden jedoch nicht etwa durch die Fabrik von morgen fliegen. Vielmehr sind die integrierten Technologien und das vernetzte Gesamtsystem an sich mögliche Lösungen für zukünftige industrielle Logistikanwendungen. Kleinstmöglicher Bauraum im Körper Die Konstruktion der eMotionButterflies beschränkt sich auf das Wesentliche und bildet nur die notwendigen Befestigungspunkte für die Komponenten ab. Ihre Bauweise spart nicht nur das nötige Gewicht ein, sie ermöglicht auch eine schnelle und einfache Montage. Die künstlichen Schmetterlinge bestehen daher lediglich aus einem lasergesinterten Rumpfteil, das alle benötigten Aggregate aufnimmt. Auf kleinstem Raum sind hier die Elektronik, die Batterie und zwei Servomotoren verbaut. Auf jedem Motor sitzt eine Flügelwurzel, an der sowohl Vorder- als auch Hinterflügel befestigt sind. Der hintere Flügel ist zudem über ein Gelenk am Rumpf fixiert und dient damit im Wesentlichen als Leitwerk. Konsequenter Leichtbau in den Flügeln Um naturgetreu zu fliegen, sind ein möglichst geringes Gewicht und eine relativ große Spannweite besonders wichtig. Die Flügel sind daher aus hauchdünnen Carbonstäben gebogen und mit einer elastischen Kondensatorfolie bespannt. Da die Flügel leicht überlappen, entsteht beim Schlagen ein Luftspalt zwischen ihnen, der den Schmetterlingen ihre besondere Aerodynamik verleiht. Verschmelzung von realer und virtueller Welt In den Gedanken zur Produktion der Zukunft wachsen die reale und virtuelle Welt weiter zusammen. Die angedachten Systeme werden aus eng vernetzten Komponenten und Subsystemen bestehen. Der permanente Informationsaustausch garantiert dabei die Betriebssicherheit der einzelnen Teilnehmer und damit die Prozessstabilität des gesamten Systems. Mit den eMotionButterflies zeigt Festo schon heute, wie mehrere Objekte dank vielfältigster Vernetzung kollisionsfrei im dreidimensionalen Raum koordiniert werden. Die Kommunikation steuert der zentrale Rechner. Er nimmt alle Informationen gesammelt auf, verarbeitet sie und leitet sie in Echtzeit an die einzelnen Teilnehmer weiter. Die eingesetzte Kameratechnik ermöglicht eine große Raumabdeckung und besticht mit einer präzisen Lokalisierung der äußerst agilen Objekte. Die energieeffiziente Arbeitsweise der Marker sowie die schnelle Inbetriebnahme komplettieren das Indoor-GPS zu einem anschaulichen Beispiel für ein potenzielles Leit- und Monitoringsystem in der Fabrik der Zukunft. 04 01 03 02 03
èFilm Projektbeteiligte Projektinitiator: Dr. Wilfried Stoll, Geschäftsführender Gesellschafter Festo Holding GmbH Projektleitung: Dr.-Ing. Heinrich Frontzek, Dr.-Ing. Elias Knubben Festo AG & Co. KG Konzeption und Fertigung: Rainer Mugrauer, Günter Mugrauer Effekt-Technik GmbH, Schlaitdorf Elektronik und Integration: Agalya Jebens, Kristof Jebens, Dr. -Ing. Clemens Rabe JNTec GbR, Gärtringen Wissenschaftliche Betreuung: Dr. rer. nat. Nina Gaißert Festo AG & Co. KG 50057 de 4/2015 Festo AG & Co. KG Ruiter Straße 82 73734 Esslingen Deutschland Telefon 0711 347-0 Fax 0711 347-21 55 cc@de.festo.com www.festo.com/bionik Technische Daten Installation: 10 Infrarotkameras Framerate: ................................................. 160 Bilder pro Sekunde Belichtungszeit: ....................................................................250 µs 1 zentraler Leitrechner Ausgewertete Bildpunkte: . .......... 3,7 Milliarden Pixel pro Sekunde Flugobjekt: Spannweite: . .........................................................................50 cm Gewicht: ...................................................................................32 g Schlagfrequenz: ..............................................................ca. 1–2 Hz Fluggeschwindigkeit: ...................................................... 1–2,5 m/s Flugzeit: .............................................................................3–4 Min. Ladezeit: ..............................................................................15 Min. Integrierte Komponenten: 1 Microcontroller ATxmega32E5, 1 Microcontroller ATmega328, 2 Servomotoren der MARK STAR Servo-tech Co., Ltd. zur Ansteuerung der Flügel, 1 Inertialsensor (Inertial Measurement Unit, IMU) MPU-9150 mit Gyro, Beschleunigungsmesser und Kompass, 2 Funkmodule, 2-Zellen-LiPo-Akku, 90 mAh, 7,4 V, 2 Infrarot-LEDs als aktive Marker
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