„Die beste Energieeffizienzmassnahme
ist die Energieeinsparung.“
Egon Müller, Technische Universität Chemnitz
Müller:
Nicht nur die ständige Verteuerung der Energie und die
damit verbundene direkte Kostenwirksamkeit wird zukünftig
eine erhebliche Rolle für die Unternehmen spielen. Zunehmend
werden auch Fragen der Verfügbarkeit und des Zugangs zu
Energieressourcen zum strategischen Wettbewerbsfaktor für
Unternehmen. Sieht man sich die Prognosen des zukünftigen
Energiebedarfs nach Energieträgern und Wirtschaftsräumen
für Zeiträume bis 2030 an, steht schon heute fest, dass
derjenige erhebliche Wettbewerbsvorteile haben wird, der
sich nicht an diesem Wettlauf um Energieressourcen beteiligen
muss. Das macht aber gleichzeitig deutlich, dass die beste
Energieeffizienzmassnahme die Energieeinsparung ist.
trends in automation:
Inwieweit lässt sich eine Fabrik
energieautark planen und umsetzen?
Müller:
Unter dem ganzheitlichen Betrachtungsansatz ist das
heute schon für neu zu planende Fabriken vorstellbar und für
deren Planung und Umsetzung von Fabrikbereichen beziehungs
weise Fabrikerweiterungen relevant. Wie sich die Dinge in den
letzten Jahren entwickelt haben, wird auch an einem Beitrag von
Festo mit dem „Energieeffizienten Neubau zur Werkserweiterung“
am Standort St. Ingbert/Rohrbach deutlich, für den der Energy
Efficiency Award 2008 vergeben wurde. Seitdem haben sich
viele Technologien und Möglichkeiten weiterentwickelt, die heute
zur Verfügung stehen und in entsprechende Planungskonzepte
einbezogen werden. Dazu gehören auch erschliessbare Potenziale
aus der Nutzung erneuerbarer Energien.
trends in automation:
Welche Branche haben Sie als Vorreiter
in Sachen Energieeffizienz identifiziert und warum ist diese
dabei führend?
Müller:
Nach meinen Erfahrungen sind die Automobilbauer
einschliesslich der grösseren Zulieferer in einer Vorreiterrolle.
Die signifikante Steigerung der Energiekosten ist dabei nicht
nur der ausschliessliche Anstoss. Ein wesentlicher Schub
entsteht auch aus Marketingaspekten, die nicht nur das Image
von umwelt- und ressourcenschonenden Produkten im Fokus
haben, sondern auch deren Herstellung und damit die Fabriken.
Die Betrachtung des Produktlebenszyklus, dabei besonders
die Phasen Herstellung und Nutzung, spielt dabei eine
wesentliche Rolle.
trends in automation:
Eignet sich die Automobilindustrie
als Vorreiter für andere Branchen?
Müller:
Grundsätzlich kann man diese Frage mit Ja beantworten.
An einigen Stellen geht es schon über eine Vorreiterrolle
hinaus, indem durch die Bedeutung des Automobilbaus auf
andere Branchen direkt Einfluss genommen wird. Dies betrifft
neben dem Maschinen- und Anlagenbau besonders auch
die Steuerungs- und Automatisierungstechnik sowie die
Elektro- und Antriebstechnik.
trends in automation:
An welchen energieeffizienten
Projekten forscht Ihr Institut zurzeit und welche Schlüsse
ziehen Sie aus diesen Forschungen?
Müller:
Im Rahmen des Spitzentechnologieclusters „Energie-
effiziente Produkt- und Prozessinnovation in der Produktions-
technik“ (eniPROD) arbeiten wir im Teilprojekt Logistik und
Fabrikplanung an der Weiterentwicklung von Methoden zur
energieeffizienzorientierten Fabrikplanung sowie entspre-
chender Vorgehensmodelle und planungsunterstützender
Softwaresysteme. Im Ergebnis dieser Forschungen entstand
bereits ein konzeptioneller Rahmen eines ganzheitlichen
Energieeffizienzmodells. Mit diesem kann zum einen Wissen
generiert, aufbereitet und systematisch zur Verfügung
gestellt und zum anderen Kompetenzentwicklung und Qua-
lifizierung realisiert werden. Ein eher technisch orientiertes
Forschungsprojekt setzt sich mit dem Messen und Erfassen
von Energieverbräuchen in komplexen Fabrikstrukturen
auseinander. Erste Schlussfolgerungen für Messsysteme und
deren Nutzen wurden in praktische Lösungen umgesetzt.
trends in automation:
Was macht ein viel beschäftigter
Mann wie Sie in seiner Freizeit?
Müller:
Wenn es die Zeit zulässt, bin ich in meiner Garage und
schraube an meinem Oldtimer Baujahr 1976. Im Sommer geht
es dann bei schönem Wetter zur Ausfahrt oder Oldtimer-Rally.
Gerne lese ich auch Bücher über den Automobilbau. Bei The-
men wie der historischen Entwicklung von Fabriken schliesst
sich der Kreis zwischen Beruf und Freizeit.