Haben Sie den
Bogen raus,
Frau Klesmann?
Bei meiner Arbeit als Technikerin in der
Serienkonstruktion kommt es auf
Vorstellungskraft und Konzentration an.
Gleiches gilt auch für meine Leiden-
schaft, das Feldbogenschiessen. Die innere Ruhe ist
neben dem Wissen, das ich mir über die Jahre angeeignet
habe, ein Schlüssel zum Erfolg. Eine Garantie habe ich
allerdings nie, weder beim Bogenschiessen ins Schwarze
bzw. ins Gelbe zu treffen noch bei meinen 3D-Modellen.
Zu viele Faktoren spielen da eine Rolle, die berücksichtigt
werden müssen.
Das heisst beim Feldbogenschiessen, auf einem Parcours
von mehreren Kilometern in bis zu sieben Stunden vier-
undzwanzigmal die Lage neu einzuschätzen. Wie weit ist
das Ziel entfernt? Wie beeinflusst die Geländeform meinen
Eindruck von der Flugbahn des Pfeils? Wie verhalten sich
Wind und Wetter? Und zu guter Letzt die Frage: Wie ist
meine körperliche und mentale Verfassung? Selbst nach
15 Jahren Erfahrung, zwei deutschen Meistertiteln und
dem fünften Platz bei den Europameisterschaften gibt es
keine absolute Sicherheit auf Erfolg. Von Zielscheibe zu
Zielscheibe beginnt das Sich-Selbst-Anpassen und
-Optimieren von vorne.
Das ist sehr ähnlich wie meine Arbeit an 3D-Modellen.
Auch hier denke ich mich in das Produkt, den Fertigungs-
und Anwendungsprozess hinein. Schon die kleinste
Abweichung, jede noch so minimale Veränderung von
Abmessungen kann grosse Folgen nach sich ziehen –
positiv wie negativ. Man muss die Produkteigenschaften
kennen, den Ist-Zustand, aber auch über den momentanen
Standpunkt hinaus denken können, um neue Möglichkeiten
zu erkennen. Wie auf dem Parcours des Feldbogenschies-
sens nähert man sich oft über einen langen Zeitraum
hinweg Schritt für Schritt dem Ziel, um dann am Schluss
punktgenau ins Schwarze zu treffen.
1.2012
trends in automation
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