Seit Urzeiten leben Schildkröten auf unserer Erde. Landschildkröten bewegen sich im Kreuzgang fort. So auch der BionicTurtleWalker – ein von der Schildkröte inspirierter Laufroboter. Er ist komplett aus einem Material im 3D-Druck hergestellt und kommt dank eines pneumatischen Logikmoduls ganz ohne Elektronik, Akku oder Zahnräder aus.
Landschildkröten bewegen sich im Kreuzgang mit schlängelnden Bewegungen fort und tragen ihren Panzer über dem Boden. Bei Befüllung mit Druckluft drückt der BionicTurtleWalker seine diagonal liegenden Beine zeitgleich nach unten und schiebt sich nach vorne – wie sein natürliches Vorbild. Herzstück des BionicTurtleWalker ist ein pneumatisches Logikmodul, das von der Plant Biomechanics Group des Botanischen Gartens Freiburg und dem Cluster of Excellence „Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS)“ der Universität Freiburg entwickelt wurde.
Diese „Schaltzentrale“ der Schildkröte übernimmt die Aufgaben, die in pneumatischen Systemen sonst von Ventilen und elektrischen Steuerungen ausgeführt werden. So kann sie die Bewegungen der vier Beine präzise schalten und benötigt dafür nur einen Schlauch-Anschluss nach außen für die Druckluft-Versorgung.
Die entwickelten pneumatischen Logikmodule haben mehrere Vorteile gegenüber klassischen Systemen. Sie bestehen aus zwei Ventilkammern mit denen Boolesche Operationen durchgeführt werden können.
Durch ihr Design können sie direkt aus flexiblem Material additiv gefertigt und mit geringem pneumatischem Drücken betrieben werden, was Produktionskosten, Systemkomplexität und Betriebskosten stark verringert.
Dr. Falk Tauber, Cluster of Excellence livMatS der Universität Freiburg
Alles – vom Panzer über das pneumatische Logikmodul bis hin zu den Beinen des BionicTurtleWalker – ist 3D-gedruckt und besteht aus thermoplastischem Polyurethan (TPU). Dieses Material vereint die Eigenschaften von Gummi und Kunststoff: Es ist haltbar, flexibel und dennoch robust. Daher hält das Logikmodul bis zu 900 kg flächige Belastung aus.
Dadurch kann sich das Logikmodul verformen und danach wieder in seinen Ausgangszustand zurückkehren. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft kann das TPU eingeschmolzen und wiederverwendet werden.
Die Technologie pneumatischer Logikbausteine mit TPU eignet sich beispielsweise auch für Anwendungen, bei denen Mensch und Roboter unmittelbar zusammenarbeiten. Mit der Kombination mehrerer Module könnten pneumatische Steuerelemente für pneumatische Softroboter hergestellt werden, die beliebig viele Freiheitsgrade haben können.
Dadurch ergeben sich zahlreiche Einsatzgebiete. Bereits ein Modul alleine kann zum Beispiel das Öffnen und Schließen eines pneumatischen Greifers steuern. Für komplexere Anwendungen können Module kombiniert und als ein Block produziert oder direkt in weiche Roboter integriert werden.
Sebastian Schrof, Designer im Bionik-Team von Festo
Der BionicTurtleWalker ist Teil der Incredible Machine, dem Jubiläums-Exponat zu 100 Jahren Festo. Sie funktioniert nach dem Prinzip einer Rube-Goldberg-Maschine, bei der ein Impuls den nächsten auslöst. Die Incredible Machine demonstriert die Geschichte der Automatisierungstechnik von der Vergangenheit bis in die Gegenwart und bildet unsere vielfältigen Kompetenzen und unsere umfassende Expertise ab.