Nähen mit Höchstgeschwindigkeit

Optimiertes Umrüsten und Erweitern von Vielnadelnähmaschinen

Industrielle Vielnadelnähmaschinen versehen Matratzenhüllen mit vielfältigsten Steppmustern. Einem schnellen Musterwechsel stand bislang das manuelle Anpassen des Nadelplans im Weg. Ein neues Nähsystem der Firma Emil Stutznäcker erlaubt jetzt die individuelle programmgesteuerte Auswahl einzelner Nähpositionen aus einem Depot an Näheinheiten. Eine von Festo entwickelte Zylinder-Ventil-Kombination optimiert das Montieren, Umstellen und Erweitern von Anlagen.

Musterbestickung

Mit atemberaubender Geschwindigkeit zeichnet eine Hundertschaft von Nadeln mit weißem Faden Muster in den weichen Stoff. Was sich anhört wie das Summen eines fleißigen Bienenschwarms, verwandelt sich bald in das, worauf Menschen rund ein Drittel ihres Lebens verbringen: Matratzen – genauer gesagt: Matratzenhüllen.
Eine Matratze ist heute mehr als nur einfache Schlafunterlage. Was sich in ihrem Innern an Qualität verbirgt, soll auch auf der Oberfläche sichtbar werden – in weich geschwungenen Linien, eleganten Rauten, vollendeten Kreisen und einer fast unbegrenzten Zahl von freien Mustern. Da Millionen Menschen möglichst komfortabel schlafen wollen, kommt es bei der Produktion von Matratzenhüllen auf eine hohe Geschwindigkeit und immer öfter auch auf ein hohes Maß an flexibler Mustergestaltung an. Um schnell von einem Muster auf das nächste umschalten zu können, setzt die Emil Stutznäcker GmbH & Co. KG in ihrer neuesten Vielnadelnähmaschine neue Zylinder-Ventil-Kombinationen von Festo mit ASI-Technologie ein.

Strukturen in Sekundenschnelle

Industrielle Vielnadelnähmaschinen – wie die von Stutznäcker – nähen bis zu 10 m Steppmuster in der Minute. So arbeitet der jüngste „Spross“ des Traditionsunternehmens mit zwei Nadelreihen von jeweilsbis zu 96 Nadeln, jede einzelne davon schafft beeindruckende 1600 Hübe in der Minute. In kürzester Zeit erhalten neue Schlafstätten so unverwechselbare Strukturen, die Emotionen wecken. Doch aus der steigenden Vielfalt der Möglichkeiten erwächst eine neue Herausforderung: Die Losgrößen verringern sich. Deshalb müssen die Vielnadelnähmaschinen immer öfter auf neue Muster umgestellt werden. Eine hohe Flexibilität erreicht das Kölner Unternehmen durch das automatische Variieren des Nadelplans – darunter versteht man die unterschiedliche Anordnung der für verschiedene Muster aktiven Nadeln. Nicht benötigte Nadeln werden per Pneumatikzylinder von der Antriebsachse gedrückt, Nadeln, die für den neuen Nadelplan benötigt werden, wieder darauf aufgeschoben. Dies ermöglicht eine sekundenschnelle programmgesteuerte Variation des Nadelplans von einem Steppmuster zum nächsten und erlaubt die individuelle Auswahl einzelner Nähpositionen aus einem Depot an Näheinheiten.


Weniger Aufwand beim Erweitern

Einer schnellen und flexiblen Montage der Maschinen stand bis vor kurzem das aufwändige Verschlauchen der Ventilinseln zu den Pneumatikzylindern im Weg. Auch der technische Aufwand bei einer Erweiterung oder Positionsänderung von schaltbaren Nadeln war enorm. Zur Lösung des Problems setzten sich im Jahr 2011 drei Experten auf dem Gebiet innovativer Automatisierung an einen Tisch: Burkhard Feige, Konstruktionsleiter Nähmaschinenfabrik Emil Stutznäcker GmbH + Co. KG, Michael Dahl, Vertriebsingenieur Festo in der Region Köln, und Ulrich Beck, Leiter Projektierung Sensorik und Verbindungstechnik bei Festo in Esslingen. Die Zielsetzung war bald gefunden: eine Zylinder-Ventil-Kombination mit ASI-Bus-Technologie und integriertem Und-Glied. Letzteres wird benötigt, damit bei Umstellungen der Fadenwischer den Faden aus dem aktiven Nähprozess herausnehmen kann. Um diese Funktion realisieren zu können, brauchten die bisherigen Maschinen eine eigene pneumatische Und-Glied-Leiste.

Serienzylinder plus Spezialgehäuse

Eine echte Herausforderung war die Vorgabe von maximal 25 mm Gesamtbreite der Zylinder-Ventil-Kombination. Ulrich Beck und sein Team machten sich nach den ersten gemeinsamen Gesprächen auf die Suche nach möglichst schmal bauenden Komponenten im umfangreichen Produktsortiment von Festo. Fündig wurden sie bei dem Kurzhubzylinder in Kompaktbauweise ADVC-16-15-I-P. Er zeichnet sich aus durch ein rasches Ansprechen bei Druckbeaufschlagung, große Spannkräfte im Vergleich zu seiner Baugröße und einen minimalen Einbauraum. Da er in der Serienversion jedoch immer noch zu breit ausfiel, entwickelte man ein neues, noch schlankeres Gehäuse. Um den Prozess zu beschleunigen, wurde zusätzlich zu 3DEntwürfen ein Rapid-Prototyping-Modell zur besseren Veranschaulichung gefertigt.

Im Jahr 2012 war es dann so weit: Die ersten Prototypen der busfähigen Zylinder-Ventil-Kombination trafen bei Emil Stutznäcker ein und wurden erfolgreich getestet. Wenige Monate danach wurde die erste Mammut VMK Select mit ASI-Technologie und Festo Zylinder-Ventil-Kombination als Weltneuheit auf der Branchenmesse Interzum 2013 präsentiert. Durch diese innovativen Einheiten von Festo ist es bei der zweiten Generation der VMK Select möglich, die Grundausstattung der Näheinheiten mit wenigen Handgriffen zu variieren oder zu erweitern.


Einfache Lösung bietet Wettbewerbsvorteil

Die ehemals umfangreiche Verschlauchung ersetzt heute ein einziges Flachbandkabel. Die Zylinder-Ventil-Kombinationen werden einfach mittels Pin aufgesteckt und ordnen sich automatisch in das Master-Slave-System des ASI-Bus ein. Musste früher die Druckluft den Weg von der Ventilinsel zu den einzelnen Zylindern getrennt zurücklegen, so liegt sie heute gebündelt direkt an den Zylinder-Ventil-Kombinationen mit integriertem Und-Glied an. Der einst große Aufwand für die Einzelverschlauchung der Zylinder entfällt. Die elektronische Steuerung des ASI-Masters betätigt die einzelnen Ventile, die dann Druckluft für die Bewegung der Zylinder zur Verfügung stellen.

Die Kombination aus busgesteuerten Serienzylindern mit spezialgefertigten Gehäusen ermöglicht heute eine besonders einfache Umstellung auf neue Muster und erleichtert das Ausstatten von Maschinen mit einer höheren Nadelzahl. Damit gibt Emil Stutznäcker seinen Kunden nicht nur eine noch leistungsfähigere Vielnadelnähmaschinen-Generation an die Hand, das innovative Unternehmen bietet durch den Zuwachs an Flexibilität auch einen echten Wettbewerbsvorteil.

Nähmaschinenfabrik Emil Stutznäcker GmbH + Co. KG

Max-Planck-Straße 3
50858 Köln
Deutschland

www.mammut.de

Tätigkeitsfeld: Fertigung hochwertiger Nähmaschinen für die industrielle Steppung

  1. Dieser Artikel erschien im Festo Kundenmagazin trends in automation 1.2018
  2. Bilder: Emil Stutznäcker GmbH + Co. KG / Tom Raindel

September 2014

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