Hohe Energiepreise, steigender Kostendruck und ein wachsendes Bewusstsein für den Klimaschutz machen Energieeffizienz in Unternehmen zu einer wichtigen Aufgabe. Besonders in der produzierenden Industrie sind Optimierungen beim Energieverbrauch wichtig. Oft übersehen: Drucklufterzeugung und -nutzung. Maßnahmen wie das Beseitigen von Leckagen und das Optimieren des Druckniveaus senken Energiekosten und steigern die Gesamtproduktivität (OEE) der Anlagen. Sven Lensdorf, Leiter Sales Operations Services bei Festo, erläutert, wie Innovation und Beratung den CO₂-Fußabdruck für die Umwelt reduzieren.
Sven Lensdorf: Primäre Energiekosten sind sicherlich die Haupttreiber für steigende Kosten in der produzierenden Industrie. Dies wird zum Beispiel in Ländern wie Polen deutlich, wo sich die Strompreise vervierfacht haben. Um ihren CO₂-Ausstoß zu kompensieren, müssen Unternehmen zudem spezielle Zertifikate erwerben, was die Bedeutung von CO₂-Emissionen unterstreicht. Zusätzlich fordern Themen rund um Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, bekannt als ESG, die Unternehmen auf, ihren CO₂-Fußabdruck zu verringern.
Sven Lensdorf: Eine wesentliche Herausforderung ist es, das Bewusstsein für Energieeffizienz zu schärfen, insbesondere in Bezug auf Druckluft. Obwohl Druckluft nur einen kleinen Teil der Energiekosten ausmacht, bietet sie erhebliches Einsparpotenzial. Festo adressiert dies durch gezielte Beratungen und Schulungen, um das Bewusstsein und Wissen der Kunden zu steigern. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Lücke zwischen dem technisch Möglichen und dem Ist-Zustand in der Industrie zu schließen. Viele Unternehmen sind sich nicht bewusst, dass ihre Drucklufterzeugung, -aufbereitung, -verteilung und -verbrauch verbessert werden könnte, was nicht nur Energie spart, sondern auch die Lebensdauer ihrer Maschinen und Anlagen erhöht.
Um die Effizienz zu maximieren, ermutigen wir unsere Kunden, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen und das gesamte System zu betrachten. Unser Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis für Druckluft und elektrische Automatisierung zu fördern, damit Kunden die besten Maßnahmen ergreifen können. Die Herausforderungen für Unternehmen sind vielschichtig und umfassen auch Ressourcenknappheit, Kapazitätsprobleme und teilweise auch mangelndes Wissen. Mitarbeiter sind oft mit zahlreichen Aufgaben überlastet und können sich nur auf einen Teil davon konzentrieren. Wissenslücken in spezifischen Bereichen tragen zusätzlich dazu bei, dass notwendige Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Festo sieht es als seine Aufgabe, Kunden auf diese Themen aufmerksam zu machen und diese zu unterstützen. Ein Teil davon sind unsere Festo Energy Saving Services. Mit diesen kommen Unternehmen sehr schnell zu signifikanten Einsparnissen im Bereich von Druckluftsystemen.
Sven Lensdorf: Festo gilt als führend in der Automatisierungstechnik, speziell in der Druckluftanwendung, mit einem breiten Angebot von pneumatischen Produkten wie Zylindern, Ventilen, Wartungsgeräte und Greifern. Unser Ansatz geht jedoch über einzelne Komponenten hinaus. Wir haben erkannt, dass eine optimale Effizienz nur durch eine ganzheitliche Betrachtung des Systems erreicht werden kann. Daher bieten wir umfassende Audits an, die nicht nur unsere Kernprodukte, sondern die gesamte Druckluftversorgung einschließlich Kompressoren, Aufbereitung und Verteilung umfassen. Trotz unserer Spezialisierung auf Pneumatik und Automation bieten wir diese Dienste an. Wir sind überzeugt, dass ein ganzheitlicher Beratungsansatz den größten Mehrwert für unsere Kunden schafft. Indem wir Einsparpotenziale identifizieren, bieten wir Lösungen für eine effizientere Nutzung von Druckluft an.
Bei der Beurteilung des kompletten Kreislaufs eines Druckluftsystems nutzen unsere Audits die aktuellen technischen Standards. Sie erfassen Stromverbrauch, Luftmenge und Druckniveau in der Kompressorstation und im Verlauf der pneumatischen Anwendung. Diese neutralen Daten erlauben uns eine objektive Beratung. Unabhängig vom Hersteller sehen Kunden damit sofort, wo Einsparpotentiale liegen. So können diese auf der Basis der erhobenen Daten fundierte Entscheidungen über ihre Druckluftsysteme treffen.
Sven Lensdorf: Festo Energy Saving Services bieten zunächst Transparenz über den aktuellen Energiestatus eines Unternehmens, sei es durch umfassende Audits oder spezifische Nachhaltigkeitschecks. Kunden erhalten quantifizierte Daten über CO₂- Emissionen und finanzielle Verluste, die entscheidend sind, damit sie gezielte Maßnahmen planen können. In der Folge arbeiten wir detaillierte Verbesserungsvorschläge aus, die nicht nur Energieeinsparungen aufzeigen, sondern auch konkrete Schritte zur Umsetzung bieten. Darüber hinaus legen wir großen Wert auf die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter unserer Kunden. Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Lernprozess zu fördern, der über das Projekt hinausgeht und langfristige Verbesserungen in der Energieeffizienz ermöglicht.
Sven Lensdorf: Unsere Energy Saving Services zielen darauf ab, das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen zu schärfen, besonders im Bereich der Druckluft. Wir verdeutlichen, dass Druckluftsysteme, wenn sie nicht gerade mit erneuerbaren Energien betrieben werden, sehr wohl zu CO₂-Emissionen beitragen. Ein wesentlicher Teil dieser CO₂-Emissionen entsteht bei der Nutzung von Druckluft. Das unterstreicht die Verantwortung der Betreiber, durch effektives Ressourcenmanagement ihren CO₂-Ausstoß zu minimieren. Große Unternehmen haben einen entscheidenden Einfluss auf die globale CO₂-Bilanz, und angesichts der Tatsache, dass CO₂ ein Hauptfaktor des Klimawandels ist, liegt hier eine besondere Verantwortung. Wir unterstützen das durch Beratung zur Einhaltung von Umweltschutz- und Energieeffizienzstandards, insbesondere gemäß ISO 50001, mit einem spezifischen Fokus auf Druckluftsysteme. Unser Ziel ist es, Kunden dabei zu unterstützen, ihrer ökologischen Verantwortung nachzukommen und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.
Svens Lensdorf: Ein gravierendes Leckage-Problem in einem Werk führte uns vor zwei Jahren zu einem Projekt bei einem großen Automobilzulieferer. Nachdem wir das Werk über vier Wochen hinweg gründlich inspiziert und die notwendigen Reparaturen durchgeführt hatten, konnten wir den Druckluftverbrauch um fast 20 % reduzieren. Dieses Ergebnis wurde erreicht, ohne in neue Kompressoren oder bauliche Veränderungen zu investieren, sondern durch gezielte Verbesserungen vor Ort. Unsere Arbeit zeigte, dass selbst in einem hochentwickelten Produktionsumfeld wie Deutschland signifikante Einsparungen möglich sind, indem man sich auf sogenannte "Low-hanging fruits" konzentriert, also Maßnahmen, die schnell und einfach umsetzbar sind.
Sven Lensdorf: Bewusstsein und Wissen gehen Hand in Hand, auch wenn es um die Effizienz und den Einsatz von Druckluft und Pneumatik geht. Wir wollen dieses essenzielle Wissen bei Kunden und ihren Mitarbeitern aufbauen. Heutzutage wird an Hochschulen und Universitäten immer weniger über Pneumatik gelehrt, so dass wir, sei es über die Festo Didactic oder auch durch Schulungen über die Grundlagen der Automation, diese Wissenslücke schließen wollen. Wir zeigen auf, warum Pneumatik in bestimmten Anwendungen die beste Technologie darstellt. Das Verständnis für die richtige Auslegung von Pneumatiksystemen ist ausschlaggebend für die Entwicklung von energieeffizienten Maschinen und Anlagen. Daher sehen wir es als Aufgabe der Didactic, durch Schulungen das Bewusstsein und das notwendige Wissen zu schaffen, um langfristig effiziente Lösungen zu ermöglichen.
Sven Lensdorf: Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Produktions- und Logistikstandorte sowie unserer Zusammenarbeit mit Zulieferern. Wir bieten einen umfassenden Katalog an Strategien, die von der Verringerung und Optimierung des Verpackungsmaterials bis hin zur allgemeinen Reduktion des Materialeinsatzes reichen. Alles mit dem Ziel, bis 2024 rechnerisch CO₂-neutral in Scope 1 und 2 zu sein. Dabei setzen wir konsequent auf die Implementierung der Nachhaltigkeitsprinzipien und -services, die wir auch unseren Kunden empfehlen. Wir auditieren unsere weltweiten Produktionsstandorte regelmäßig selbst, identifizieren Schwachstellen und arbeiten mit unserem Energy Saving Services Portal, um Energieeffizienz zu fördern – wir setzen also um, was wir auch anderen empfehlen.
Um unsere Nachhaltigkeitsbemühungen zu intensivieren, haben wir uns der Science Based Targets Initiative (SBTi) angeschlossen, einem Bündnis aus UNGC, CDP, WWF und WIR. Diese Initiative ermöglicht es Unternehmen, ihre Treibhausgasemissionen auf wissenschaftlicher Basis so zu reduzieren, dass das 1,5 °C-Ziel des Pariser Abkommens erreicht werden kann. Durch unseren Beitritt verpflichten wir uns zu regelmäßigen Überprüfungen und zur transparenten Berichterstattung unserer Fortschritte. Dieses Engagement bringt auch für unsere Kunden deutliche Mehrwerte: Wir unterstützen sie aktiv, u.a. durch die Festo Energy Saving Services, bei der Planung und Umsetzung energieeffizienter Lösungen. Das trägt dazu bei, ihren Energieverbrauch und die Kosten erheblich zu senken und gleichzeitig ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele effektiver zu verfolgen.
Sven Lensdorf: Unternehmen sollten sich ihrer Verantwortung im Bereich der Nachhaltigkeit bewusst werden, da sie eine wesentliche Grundlage für zukünftiges Handeln darstellt. Viele sind bereits sensibilisiert, doch es gibt Bereiche, in denen das Engagement vertieft werden muss. Besonders energieintensive Unternehmen können durch gezielte Maßnahmen signifikante positive Veränderungen herbeiführen.
Technologien entwickeln sich kontinuierlich weiter und eröffnen Chancen für nachhaltigere und effizientere Innovationen als bisher. Das verlangt Mut und die Bereitschaft, bewährte Wege zu verlassen, sowie die Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern, die den Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft unterstützen können. Transparent über nachhaltige Maßnahmen und Erfolge zu berichten, ist sowohl nach außen als auch innerhalb des Unternehmens wichtig. Mitarbeiter identifizieren sich zunehmend mit Unternehmen, die eine klare Mission verfolgen und sich durch soziales und ökologisches Engagement auszeichnen. Projekte, die über die reine Profitmaximierung hinausgehen und einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, stärken das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter.
Beispiele wie die Reduktion des CO₂-Fußabdrucks, die Installation von Elektroladesäulen oder die Nutzung von Photovoltaik-Anlagen verdeutlichen den Mitarbeitern, dass ihr Unternehmen einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leistet und motivieren zu weiterem Engagement in diesem Bereich.
Wir möchten uns bei Herrn Sven Lensdorf ganz herzlich für dieses inspirierende Gespräch bedanken. Seine Einblicke in die Herausforderungen und Chancen rund um das Thema Energieeffizienz in der produzierenden Industrie, insbesondere im Kontext der Druckluftnutzung, sind sehr wertvoll. Sein Engagement und seine Expertise in der Förderung nachhaltiger Praktiken spiegeln das starke Bestreben von Festo wider, das Bewusstsein in Unternehmen zu schaffen, effizientere und verantwortungsbewusstere Akteure in ihren jeweiligen Märkten zu werden.