Blutplasma beinhaltet mehr als 120 wertvolle Proteine. Dazu gehören Gerinnungsfaktoren, Blutersatzstoffe und Immunglobuline, die zum Beispiel das geschwächte Immunsystem von Patienten nach Organtransplantationen stärken. Um den wertvollen Rohstoff bestmöglich auswerten zu können, investieren Unternehmen wie die Biotest AG in Forschung und innovative Herstellungsmethoden. Das zahlt sich aus, denn die Anzahl der medizinischen Produkte, die aus einem Liter Blutplasma gewonnen werden kann, erhöht sich von drei auf fünf. Dies steigert nachhaltig die Produktivität, da mehr als 50 Prozent der Herstellungskosten auf den Plasmaeinkauf entfallen. Effizientere Verfahren sorgen für die optimale Aufbereitung der unterschiedlichen aus Blutplasma gewonnenen Produkte. In der neuen Produktionsstätte von Biotest vereinfachen 6000 Ventile und 250 standardisierte Schaltschränke sowohl den Aufbau der Anlagen als auch die spätere Instandhaltung und senken dauerhaft den Wartungsaufwand.
Die Standardisierung beim Neubau der Biotest-Anlage zur Blutplasmafraktionierung bietet sowohl dem Unternehmen als auch den Anlagenbauern Vorteile. Während Anlagenbauer schnell und unkompliziert vordefinierte Komponenten beziehen können und durch einen festgelegten Komponentenpool auf günstige Konditionen zugreifen, reduziert sich für Biotest der gesamte Aufwand hinsichtlich der Ersatzteilversorgung. Hinzu kommen ein verringerter Trainingsbedarf für Wartungs- und Instandhaltungspersonal, kürzere Stillstandszeiten sowie ein reduzierter Instandsetzungsaufwand im Fehlerfall. Darüber hinaus verkleinert sich der Aufwand für die Dokumentation und das Supply Management.
„Beim Bau des neuen Gebäudes mit der modernen Großanlage zur Blutplasmafraktionierung gab es zwei Hauptaspekte“, erläutert Matthias Mahle, Leiter Technisches Projektmanagement BNL, von Biotest. „Einerseits eine Kapazitätserweiterung über die Leistungsgrenzen der bestehenden Anlagen hinaus und andererseits das Thema Wirtschaftlichkeit. Als Pharmaunternehmen im Bereich der Blutplasmaverarbeitung stehen wir in einem sich weltweit konsolidierenden Wettbewerb. Wir stärken unsere Marktposition, indem wir mehr Produkte aus der gleichen Menge Plasma gewinnen“, so Mahle. In der neuen Anlage kann Biotest mit modernen Verfahren eine größere Anzahl an Produkten herstellen und die Ausbeute sowie deren Reinheit erhöhen. „Konnten mit den teilweise bereits im Jahr 1995 erstellten Bestandsanlagen drei verschiedene Produkte aus dem Plasma gewonnen werden, so sind die neuen Anlagen imstande, zukünftig bis zu sechs Produkte herzustellen“, betont Mahle. „Eine hohe Effizienz in der Produktion ist essenziell, da der Rohstoff Blutplasma mehr als 50 Prozent der Herstellkosten ausmacht.“ Während die Kapazitätsgrenzen der bestehenden Anlage bei 800.000 Litern liegen, kann die neue Anlage bis zu 1,4 Millionen Liter Blutplasma fraktionieren.
Begonnen hat die Planung der neuen Anlage im Jahr 2013, vollständig in Betrieb genommen wird sie voraussichtlich 2021. Auch wenn ein Großteil der Anlage bereits vor Ort installiert ist, geht der eigentlichen Produktion ein langer Prozess der Validierung und Qualifizierung voraus. Nach dem Basic Engineering wurde auch Festo sehr früh in den Prozess des Detail Engineering eingebunden. Für Werner Gödel, Abteilungsleiter EMSR Technik, Biotest, war es hinsichtlich einer größtmöglichen langfristigen Anlageneffizienz wichtig, Standards für bestimmte Produktgruppen der Automation festzulegen. „Eine der zentralen Fragen lautete: Inwieweit können wir vereinheitlichen und standardisieren, um beispielsweise in der Instandhaltung den Aufwand zu verkleinern. Ein wichtiger Schritt war die Nutzung von Standardventilkästen. Eine möglichst geringe Anzahl an Standards minimiert später den Instandhaltungsaufwand“, erklärt Werner Gödel.
Die Definitionsphase der neuen Anlage hat Jürgen Weber, ehemals Segmentmanager Pharma Deutschland, Festo, heute verantwortlich für den Bereich Process Industries, Süddeutschland, aktiv mitgestaltet. Dabei wurden teils äußerst detaillierte Fragen erörtert bis hin zur Verwendung von Edelstahl- oder vernickelten Messing-Verschraubungen. Nachdem Festo als Standard gesetzt war, konnten die insgesamt sieben Lieferanten anhand eines projektbezogenen Bestellkatalogs gezielt auf die relevanten Produkte bzw. Pool-Komponenten wie u.a. die standardisierten Ventilkästen zugreifen und per elektronischer Plattform bestellen.
Für Werner Gödel von Biotest war besonders die enge Abstimmung mit Jürgen Weber von Festo, aber auch mit der eigenen Instandhaltung in der frühen Planungsphase wichtig. „Die Instandhaltung muss am Ende mit den verwendeten Produkten arbeiten. Hier kam die klare Empfehlung der Instandhaltung für Festo. Pluspunkte waren Bedienfreundlichkeit, ein guter Support und lange Lebensdauer“, erklärt Gödel. „Im Vorfeld haben wir auch mit Anlagenbauern gesprochen und auf der Suche nach den Pool-Komponenten Meinungen gesammelt. Auch dabei hat sich ein klares Ja für Festo Bauteile abgezeichnet.“
Biotest AG
Landsteinerstraße 5
63303 Dreieich
Deutschland