Festo richtet sich auf die smarte Produktion der Zukunft aus. In unserer Rolle als Technologie- und Innovationsführer in der industriellen Automatisierung haben wir den Anspruch, künstliche Intelligenz (KI) als Schlüsseltechnologie und Kernkompetenz zu etablieren und konsequent für automatisierungstechnische Lösungen unserer Kunden zu nutzen. Daher erforschen wir neue Möglichkeiten und Einsatzgebiete.
Künstliche Intelligenz steht für eine Vielzahl von Methoden und Techniken. Dazu gehören Methoden wie Deep Learning, Reinforcement Learning oder bioinspirierte KI (bio-inspired AI). Viele dieser Methoden sind nicht neu, aber erhöhte Rechenleistungen und eine modernisierte Infrastruktur ermöglichen heute einen breiten Einsatz in der industriellen Produktion. Durch KI können wir Probleme angehen, die bisher nicht lösbar waren: Zum Beispiel ist es in der Regelungstechnik komplexer Systeme bei starker Strömungsdynamik oft nicht möglich, mit modellbasierten Methoden zu arbeiten. Die Abstraktionen sind zu ungenau oder mathematisch zu komplex. Durch Reinforcement Learning können wir solche Systeme zukünftig einlernen.
Mit Reinforcement Learning können Maschinen selbstständig lernen, wie sie ein vorgegebenes Ziel erreichen oder ein Problem lösen. Der große Vorteil ist, dass der Computer selbst einen Weg findet, der gegebenenfalls ganz anders ist als der, den ein Mensch mit gelernter Erfahrung einschlagen würde. In vielen Fällen werden so Lösungen erzeugt, an die man vorher nicht gedacht hat. Die Anwendungsfelder sind groß: Von der Reglungstechnik über die Robotik bis hin zur Supply Chain-Planung eröffnen sich durch Reinforcement Learning riesige Potenziale.
Deep Learning eignet sich vor allem für Einzelfähigkeiten, die ein Roboter sehr gut können muss: zum Beispiel unbekannte Objekte greifen, allerdings immer mit dem gleichen Greifer. Festo überträgt Deep Learning-Algorithmen im Bereich Vision, aber auch für die Zusammenführung von Sensoren für Haptik, Akustik und Infrarot in die Robotik. Denn bisher arbeiten Roboter oft kamerabasiert und können beispielsweise bei einem Lichtausfall nicht weiterarbeiten. Durch haptische, akustische und Infrarotsensoren werden Roboter robuster und funktionieren auch unter schwierigeren Bedingungen.
Im Bereich verteilte inhomogene Systeme untersuchen wir, ob es möglich ist, dass unterschiedliche Systeme voneinander lernen: ob beispielsweise ein Handlingsystem sein Wissen an einen Roboter weitergeben kann. Wissen bedeutet in diesem Fall nicht, dass Daten ausgetauscht werden, sondern dass die Systeme miteinander kommunizieren und sich gegenseitig ihr gelerntes Wissen mitteilen. Wenn dies möglich ist, können sich ganze Systeme selbst optimieren und werden besser, je mehr intelligente Komponenten verbaut sind. Arbeiten beispielsweise eine Spindelachse und ein überdimensionierter Zylinder hintereinander, meldet der Zylinder der Spindelachse, sie soll mit höherer Geschwindigkeit ausfahren, statt mit vollem Druck. So sparen sie im Zusammenspiel Energie ein und sind effizienter.
Von der Natur lernen, ist für Festo ein wichtiges Prinzip, nicht nur in der Bionik. Auch für Algorithmen kann die Natur Vorbild sein. Neuronale Netze sind in ihrem Aufbau teilweise dem menschlichen Gehirn nachempfunden, aber die Funktionsweise von gepulsten neuronalen Netzen (Spiking Neural Networks) kommt dem menschlichen Gehirn noch näher. Sie können Informationen unabhängig voneinander (und nicht nur schichtweise, wie bei neuronalen Netzen) übermitteln und verarbeiten. So arbeiten sie energieeffizienter und schneller und könnten daher für embbeded Systeme mit wenig Rechenleistung ein vielversprechender Ansatz sein.
Im Rahmen der „Industry on Campus“-Kooperation mit der Universität Tübingen untersuchen wir gemeinsam, ob Spiking Neural Networks komplexere oder gar kreative Aufgaben lösen können.
Neben anderen gemeinsamen Forschungsaktivitäten arbeiten die Universität Tübingen und Festo an der Generalisierbarkeit und Übertragbarkeit von Algorithmen. Es ist wichtig, dass nicht für jedes System und jeden Anwendungsfall ein eigenes Modell trainiert werden muss, damit wir Algorithmen übertragen können.