Technologiedemonstrator für die Prozessindustrie

Mit MTP-Modulen effizient zu kleinsten Chargen

Die flexible Produktion kleinster Chargen liegt im Trend und muss wirtschaftlich werden. Daher spielt die Automatisierung für die modulare Produktion in der Prozessindustrie eine immer wichtigere Rolle – sei es für die Herstellung von individuellen Medikamenten oder unterschiedlich großen Duschgels und Cremes in der Kosmetikindustrie. MTP-Module (Module Type Package) sind die Voraussetzung für schnelle Veränderungen im Prozess mit Komponenten und Modulen unterschiedlicher Hersteller und Erstausrüster (OEMs).

Bisher wurde im Bereich der Basischemie auf Massenproduktion mit entsprechend ausgedehnten Anlagen gesetzt. In der Feinchemie und Pharmaproduktion kommen auch sogenannte Batchanlagen (Chargenprozess von diskontinuierlichen Produktionsverfahren) zur Anwendung, auf denen verschiedene Rezepte gefahren werden können. Einmal gebaut, sollen sie nicht mehr umgebaut werden. Ein übergeordnetes zentrales Prozessleitsystem steuert diese Anlagen und Veränderungen bedeuten einen aufwendigen Planungs-, Umbau und Programmierungsaufwand oder sogar den Aufbau einer komplett neuen Anlage.

Entwicklung des Technologiedemonstrator „Showcase PCS neo+ MTP“

Um den Anforderungen an flexible Produktionsanlagen gerecht zu werden, hat Festo die Automatisierung eines Produktionsmoduls komplett mit dem MTP umgesetzt. Dabei konnte auch die effiziente Inbetriebnahme von modularen Anlagen nach dem MTP-Ansatz demonstriert werden. Demnach besteht eine Anlage nicht mehr aus einer zentralen Steuerung, sondern aus einzelnen Modulen mit eigener, integrierter Steuerung. Jedes Modul übernimmt dabei einen bestimmten Abschnitt des Produktionsprozesses, beispielsweise das Mischen oder Abfüllen.

Festo hat die modulare Produktion sehr früh in den Gremien mitgestaltet, zum Beispiel im entsprechenden Arbeitskreis des ZVEI. „Der Vorteil modularer Anlagen ist, dass sie schnell entworfen, gebaut und auch an schwankende Produktionszahlen angepasst werden können. Letztlich wird das Produkt schneller erzeugt und ist früher auf dem Markt“, erklärt Chris Stich, Advanced Develop. Digital Engineering bei Festo. Festo automatisierte ein Produktionsmodul einer modularen Biopharma-Anlage von INVITE. Im Verbund mit INVITE ist neben Bayer auch die Technische Universität Dortmund und die Heinrich-Heine Universität Düsseldorf aktiv.

Ziel des Technologiedemonstrator

Das Projekt zeigt, wie Module unterschiedlicher Hersteller in einer Anlage verbaut und schnell in Betrieb genommen werden können, wenn sie dem MTP-Standard entsprechen. Der MTP-Standard ist eine einheitliche Schnittstellenbeschreibung für die sofortige Integration (Plug and Produce) der einzelnen Module in die Prozessführungsebene (POL). Die MTP-Datei enthält dabei alle zur Steuerung und zur Überwachung notwendigen Informationen. Der Datentausch zwischen Modul und POL erfolgt im Betrieb über OPC UA. Festo arbeitet aktiv am MTP-Standard der VDI/VDE/Namur Richtlinie 2658 mit.

Die zu automatisierende Biopharma-Anlage bestand aus einem Reaktormodul mit Heiz- und Rührfunktionen sowie zwei Dosiermodulen. Jedes Modul läuft Dank seiner integrierten Steuerung autonom. Dabei verwendete Festo für eines der Dosiermodule die CPX-CEC Steuerung während für das zweite Dosiermodul eine Siemens-Steuerung zum Einsatz kam. Die Projektpartner zeigten damit, dass die Dosiermodule mit MTP-Standard unabhängig vom Hersteller automatisch in die POL (Process Orchestration Layer) integriert werden können. Festo hat zur Programmierung seines MTP-Moduls das eigene PA-Toolkit verwendet. Dieses besitzt vorprogrammierte Funktionsbausteine für die schnelle und einfache Programmierung von MTP-Modulen. Aus dem Automatisierungsprogramm kann anschließend die MTP-Beschreibungsdatei automatisch generiert werden. Das Projekt lief von 2019 bis 2021.