Schwebend greifen und bewegen
Artikel vom 26. Februar 2016

Ein Transportschlitten gleitet berührungslos über eine Wasserfläche, ein schwebender Greifer hält einen Stab und lässt ihn wieder los und eine runde, magnetische Scheibe gleitet durch ein mit Flüssigkeit gefülltes Rohr hindurch: Die neuen SupraMotion-Projekte, die Festo auf der Hannover Messe 2016 präsentieren wird, zeigen wieder spannende Anwendungsmöglichkeiten für die Supraleiter-Technologie.
Supraleiter sind Materialien, die unterhalb einer bestimmten Temperatur (ca. -180 °C) das Feld eines Permanentmagneten in einem definierten Abstand „einfrieren“ können und ihn so schweben lassen. Der Spalt bleibt dabei in jeder Raumlage stabil – auch durch Wände oder Flüssigkeiten hindurch.
SupraJunction: Übergabe in der Waagerechten
Diesen Effekt nutzt das Exponat SupraJunction dafür, um zwei Trägerplatten über den Supraleitern schweben zu lassen. Möglich machen dies die beiden Magnetschienen an der Unterseite der Platten. Die schwebenden Objektträger transportieren kleine Glasbehälter auf einem Rundkurs über ein flaches Wasserbecken hinweg und durch Schleusen hindurch. Dabei werden sie auch von einem Supraleiter-Element (Kühlbehälter mit Supraleitern) auf einem Transportsystem zum nächsten Element auf einem anderen System übergeben. Bei dieser berührungslosen Übergabe zieht ein Elektromagnet die Platte in Wirkrichtung der Magnetschienen auf den nächsten Kryostaten (Kühlbehälter). Erstmals ist diese Übergabe auch in der Waagerechten möglich.
Der Vorteil der Supraleitertechnologie: Trägersystem und Automatisierungstechnik lassen sich damit komplett voneinander trennen, was die Komponenten vor Verschmutzung schützt und eine sehr einfache Reinigung ermöglicht – ideal für eine Anwendung in der Verpackungsindustrie, der Laborautomation, Medizintechnik, Nahrungsmittel- oder der Pharmabranche.

SupraGripper: Schwebendes Greifen
Das FutureConcept SupraGripper setzt eine ganz neue Anwendung um: Das Halten und transportieren von Objekten mit zwei schwebenden Greifern. Diese verfügen über je drei Finger und schweben frei über zwei halbmondförmigen Platten, unter denen drei Kryostate mit Supraleitern verbaut sind. Um ein Objekt zu greifen, geben auf den Kryostaten sitzende elektrische Spulen einen Impuls ab. Dieser löst bei Bedarf die gespeicherte Verbindung zu den magnetischen Greiferelementen oder stellt sie wieder her. Durch diesen Impuls klappen die einzelnen Fingerelemente nach unten oder oben, wodurch sich die Greifer öffnen oder schließen.
Mit dieser Technologie könnten zum Beispiel Objekte durch eine Abtrennung hindurch oder in geschlossenen Räumen gegriffen und transportiert werden, was sich zum Beispiel für Reinräume anbietet oder für die Arbeit in Gasen, Vakuum oder in Flüssigkeiten.

SupraTube: Rotation in einem geschlossenen Rohr
Wie die Bewegung eines Gegenstands in einer mit Flüssigkeit gefüllten Röhre von außen gesteuert und berührungslos ausgeführt werden kann, zeigt das Projekt SupraTube. An den beiden Enden der Glasröhre ist außen jeweils ein Kryostat mit Supraleitern angebracht. Innerhalb der senkrecht stehenden Röhre befindet sich ein Magnetpuck, der auf beide Kryostate mit einem Schwebeabstand von etwa fünf Millimetern gepinnt ist und zu Beginn unter dem oberen Kryostaten hängt. Ein Magnetring um die Kryostate wird in eine Drehbewegung versetzt, die er auf den schwebenden Magneten in der Röhre überträgt. Dieser wird mit einem elektrischen Impuls vom Kryostat abgestoßen und treibt in einer Kreiselbewegung abwärts. Am unteren Ende wird er von dem Supraleiter im anderen Kryostat wieder eingefangen und zentriert.
So könnte zum Beispiel der Inhalt eines geschlossenen Behälters – etwa gefährliche Stoffe oder explosive Gase – in eine Drehbewegung versetzt oder ein Objekt gezielt hindurchgeführt werden.

Geregelte elektrische Kühlung
Mit den drei aktuellen Exponaten zu SupraMotion erweitert Festo nochmals das Spektrum der bisher gezeigten Lagerungs- und Bewegungsformen. Alle drei Anwendungen verfügen über elektrisch geregelte Kühler mit einer maximalen Leistung von 80 Watt, so dass die notwendige Kühltemperatur mit der Regelung je nach Systemanforderung genau festgelegt werden kann.