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„Ich versuche nicht, über 2-Meter-

Stangen zu springen. Stattessen

suche ich mir 30-Zentimeter-Stangen,

über die ich steigen kann.“

Warren Buffett, US-amerikanischer Großinvestor

Foto: Mark Hirschey, WikiMedia

Emotionale Bindung als Hemmschuh

Die Firma pleite, das Haus verloren, die

Ehe zerbrochen – sie machten schwie-

rigste und schmerzvolle Erfahrungen.

Dr. Patzelt fand heraus, dass die Verar-

beitung negativer Gefühle besonders

wichtig ist – auch bei vermeintlich kühlen

Managern und Ingenieuren. Denn diese

haben oft eine besonders intensive emo-

tionale Verbindung zu ihrem „Baby“, ih-

rer Firma, ihrem Projekt. „Das Scheitern

ist ein bisschen so, als würde man einen

geliebten Menschen verlieren“, erklärt

Professor Patzelt. „Nur wer diese

schwarze Zeit der Trauer verarbeitet,

kann überhaupt lernen. Andernfalls blo-

ckieren die Emotionen alles.“

Nach vorne scheitern

Es ist ein offenes Geheimnis: Das Misslin-

gen als Motor begreifen und im Spiel blei-

ben. Denn Erfolg hat laut Goethe drei

Buchstaben: TUN. So gesehen ist Schei-

tern eine Vorstufe des Erfolgs und eine gut

geeignete Lehrmethode, die in den unter-

nehmerischen Werkzeugkasten gehört.

Die Geschichte vom Lernen aus Misserfol-

gen ist lang und weist prominente Bei-

spiele auf. Vom Japaner Akio Morito, dem

Besitzer von Sony, der in seiner unterneh-

merischen Frühzeit einen Reiskocher ent-

wickelte, damit den Reis aber weniger

kochte als verbrannte und deshalb nicht

einmal hundert Stück davon verkaufte.

Ausdauer und Visionen

Ein weiteres Beispiel ist Bill Gates: Nach-

dem er sein Studium an der Harvard Uni-

versität abgebrochen hatte, gründete er

mit Paul Allen eine Firma namens Traf-O-

Data, mit der sie grandios scheiterten. Mi-

crosoft kam danach. Oder Walt Disney,

der von einem Zeitungsherausgeber we-

gen Mangels an Ideen gefeuert wurde

und auch mehrere Male in den Bankrott

ging, bevor er erfolgreich wurde.

Die Liste könnte noch lange fortgesetzt

werden, denn Erfolgreiche scheitern öfter

als Erfolglose. Und warum sind die gro-

ßen Scheiternden nach einem Karriere-

knick letztlich erfolgreich? Weil sie sich

durch Ausdauer auszeichnen, weil Visio-

nen sie treiben, weil sie sich Ziele setzen,

kämpfen und nie aufgeben!

Kapitalismus. Der sinnvolle Widersinn

mündete für ihn in der Formel: Der Kapita-

lismus funktioniert, weil ständig und

überall Unternehmen scheitern. Er erklär-

te die pausenlose Vernichtung zur Ursup-

pe allen Wohlstands und beklagte es als

gewaltigen Fehler, sollte dieses Reichtum

erzeugende Dauerscheitern unterbunden

werden.

Sturz ins Bodenlose

Der Ökonom Dr. Holger Patzelt, Professor

an der Technischen Universität München,

forscht auf den Gebieten unternehmeri-

sche Entscheidungen, strategisches Ent-

repreneurship und unternehmerisches

Scheitern. Er untersucht aus einer psy-

chologischen Perspektive heraus die Kog-

nition und Entscheidungsfindung und aus

einem betriebswirtschaftlichen Blickwin-

kel das Verhalten und die Erfolgsfaktoren

von jungen Organisationen. Seine For-

schungen befassen sich auch damit, wie

gescheiterte Gründer und Gründerinnen

ihre Niederlage bewältigen. Es geht dabei

um Menschen, denen buchstäblich die

Existenz weggekippt ist.