

Der Trend geht klar in Richtung einer neuen Lernkultur. Es gilt,
Potenziale zu entfalten – ein Ziel, das weg von klassischen
Instruktionskonzepten und hin zur authentischen Begegnung
mit Lernstoffen führt. Wenn Schüler nicht mehr belehrt, sondern
zur selbstständigen Gestaltung ihres Lernweges angeregt wer-
den – und zwar als kreative Entdecker ihrer vielseitigen
Fähigkeiten und Potenziale – sind sie besser in der Lage, sich
Wissen anzueignen und Kompetenzen zu entwickeln. Ein großer
Schritt in Richtung proaktiver, eigenständiger Lerngestaltung,
die in Zukunft immer wichtiger wird.
Mit dem Modell „Lernbüro“ können Schüler unterschiedlichen
Alters und mit verschiedenen Leistungsvoraussetzungen fachbe-
zogenes Wissen selbstorganisiert erarbeiten. Individuell und in
Eigenverantwortung nutzen sie ihren Bedürfnissen entspre-
chend die verschiedenen Arbeitsräume, die nach Lernfächern
aufgeteilt sind: beispielsweise die Lernbüros Mathematik,
Deutsch, Englisch, Geschichte oder Naturwissenschaften, in
denen Arbeitsplätze mit PC zur Verfügung stehen. Es sind Wis-
senspakete vorgegeben, die sich die Schüler bis zum nächsten
Test in ihrem eigenen Tempo aneignen. Die anwesenden Lehrer
tragen den Stoff nicht vor, sondern erklären als Mentoren und
Coaches jedem Einzelnen, was er wissen möchte. Das Lernbüro
mit seinem flexiblen Lernen fördert die Begabungen der Schüler
und vermittelt neben dem fachlichen Wissen auch die für das
spätere Berufsleben so wesentlichen Fähigkeiten wie Teamwork,
Zeitmanagement und Selbstpräsentation.
Das Modell „Lernbüro“ wird bereits mit Erfolg an einigen Schu-
len im deutschsprachigen Raum wie der Evangelischen Schule
Berlin Zentrum oder der Max-Brauer-Schule Hamburg praktiziert.
Auch die größte Höhere Technische Lehranstalt in Wien, das
TGM, durchbricht den starren Stundenplan und startete in
diesem Schuljahr mit dem Schulversuch.
Lernbüro statt Stundenplan
Redstones im Einsatz:
Zu sehen ist ein 8 Bit
Binärzähler mit automatischem Taktgeber
(unten links). Der Zähler kann binär die Zahlen
von 0 bis 63 darstellen.
Das Spiel alleine war Ihnen aber noch nicht genug. Sie haben
sich auch für die Leistungsbeurteilung einen neuen Zugang
überlegt.
Haschek:
Wir arbeiten mit sogenannten XPs – Experience Points.
Die Idee, Erfahrungspunkte statt Plus und Minus zu vergeben,
hatte ich schon, als ich selbst noch Schüler war. Aus Computer-
Rollenspielen kannte ich das Messen der Leistung durch Punkte-
sammeln, bei dem ich immer wusste, auf welchem Level ich mich
befinde und was ich brauche, um die nächste Stufe zu erklim-
men. Dieses Prinzip ist auch für den Unterricht der meisten Fä-
cher in Schulen gut geeignet. Es eröffnet zudem eine gute Mög-
lichkeit, das Feedback des Lehrers zur Mitarbeit in die
Beurteilung einfließen zu lassen.
Ein großer Vorteil ist demnach die Transparenz. Aber was ist,
wenn man eine gewisse Anzahl XPs erreicht hat, und weiß, dass
man positiv ist? Gibt es dann nicht Schüler, die sich zurückleh-
nen und nichts mehr machen?
Haschek:
Das Gegenteil ist der Fall, denn der Ansporn ist mas-
siv. Alle Schüler stehen zu Beginn des Schuljahres auf der
schlechtesten Note. Nun können sie durch gute Mitarbeit,
Hausübungen und positiv absolvierte Tests XPs sammeln. Mit
der entsprechenden Anzahl an XPs verbessern sie sich auf den
nächsten Level. Es kommt aber praktisch nie vor, dass sich je-
mand auf einem mehr oder weniger mittleren Level ausruht
und für den Rest der Schulzeit nicht mehr engagiert. Dafür
sorgt auch die Einteilung des Unterrichtsstoffes in Sektionen,
sprich Themenbereiche, die zu erarbeiten und alle positiv ab-
zuschließen sind.
Minecraft und XPs – wie passt das alles zum Lehrplan?
Haschek:
Ausgezeichnet, denn der Lehrplan orientiert sich an
Kompetenzen, die vermittelt werden müssen. Und diese Aufgabe
erfüllen wir. Natürlich gibt es am Ende des Jahres noch Noten im
klassischen Stil, aber dafür existiert ein klarer Umrechnungs-
schlüssel, der auch von Anfang an kommuniziert wird. Für eine