Table of Contents Table of Contents
Previous Page  14 / 52 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 14 / 52 Next Page
Page Background

Mit neuen Lernkonzepten ist es womöglich nicht getan.

Eine neue Denke scheint

gefragt, um in einer vernetzen Welt Zusammenhänge zu erkennen – und zu leben.

Experten versprechen sich da viel vom Gemeinschaftssinn.

Ticken wir noch richtig?

Vernetzt denken

W

ir häufen Berge von Wissen

an und können darauf zu-

greifen, wie es uns beliebt –

eine Fülle für den Geist, die

es so frei noch nie gab. Das Zeitalter der

Netzwerke: eine Ära für neue Lernformen

und mit ihnen für das Gedeihen von Ideen

und das Ausleben von Intelligenz? Nicht,

wenn unser Denken weiter alten Struktu-

ren folgt, da sind sich Experten unter-

schiedlichster Couleur offenbar einig. „Ja,

die Wirtschaft ist vernetzt und unser All-

tag auch. Aber hier handelt es sich in ers-

ter Linie um eine technologische Vernet-

zung“, erklärt es Prof. Ulrich Weinberg,

Direktor der HPI School of Design Thin-

king in Potsdam. „Die kleinen Glasplatten

in unserer Hosentasche sind vernetzt, un-

sere Denk- und Handlungsapparate sind

aber noch weitgehend in einem nichtver-

netzten Zustand aus dem letzten Jahrhun-

dert. Und die Diskrepanz wird immer grö-

ßer.“

Spürbar größer, wie das wachsende Be-

dürfnis nach frischen Lernkonzepten und

Bildungsansätzen in vielen Ländern zeigt.

Die Krux: Neues Lernen nach alten Denk-

mustern? Das kann kaum klappen, meint

auch Dr. Andreas Boes. „Alte technizisti-

sche Denkmuster, die noch aus der Ma-

schinenwelt des 19. Jahrhunderts stam-

men, greifen zu kurz“, ist der Vorstand am

Institut für Sozialwissenschaftliche For-

schung München (ISF) überzeugt. „Doch

sie bestimmen noch immer die Art und

Weise, wie wir lernen. Das ist ein funda-

mentales Problem. Denn diese Denkmus-

ter zielen vor allem mit Blick auf den Um-

bruch, mit dem uns die digitale

Transformation konfrontiert, in die falsche

Richtung.“ Entscheidend sei für ihn, „dass

man Neues nicht auf alten Gleisen lernen

kann“.

Ausgedient: Alte Denk- und Lernmuster

Folgen wir alten Gedankenbahnen, finden

wir uns immer weniger zurecht in der zu-

nehmend komplexen Arbeits- und Alltags-

welt. „Wir erleben nun, dass eine neue

gesellschaftliche und globale Handlungs-

ebene über das Internet entstanden ist“,

erläutert Dr. Boes. „Sie ermöglicht nicht

nur neue Kommunikationsformen zwi-

schen den Menschen, sondern auch eine

neue Form des Zugriffs auf Maschinensys-

teme. Man muss nun Menschen, ihre

Kommunikation und ihre Beziehungen in

diesen Handlungsraum mit hineinden-

ken.“ Und genau dafür reichten die alten

Denk- und Lernmuster nicht mehr. Ent-

scheidend sei nun der Gedanke, dass alle

Dinge zusammenhängen, so der Indust-

rie- und Arbeitssoziologe. „Davon müssen

wir eine Vorstellung entwickeln. Sie las-

sen sich nicht mehr trennen.“ Eine neue

Art zu denken ist also gefragt, um in einer

vernetzten Welt nicht nur einzelnen Fäden

zu folgen, sondern Zusammenhänge zu

erkennen und sie zu verknüpfen.