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„Die Transformation

muss erst in den

Köpfen beginnen.“

Prof. Ulrich Weinberg,

Direktor HPI School of Design Thinking

Transferdenken wäre gefragt

Wie wir „ticken“, das wird früh eintrai-

niert. „Bislang war das allerdings wenig

transferorientiert“, weiß Klaus Zimmer-

mann, Leiter Training und Consulting bei

Festo Didactic, und skizziert anhand der

gängigen schulischen Herangehensweise,

was unsere geistige Herangehensweise

fürs Leben mitprägt: „Das heißt, wir legen

üblicherweise zu einem bestimmten Zeit-

punkt eine Prüfung ab, in der abgefragt

wird, was vielleicht auch mal etwas mit

der Praxis zu tun hat – vielleicht aber auch

nicht. Transferdenken ist da nicht rele-

vant.“ Dem Didaktiker ist die Methodik

der alten Schule zu eindimensional, um

unsere mentale Leistungsfähigkeit zu

befördern. Wer etwa linear oder chronolo-

gisch vorgeht, folgt jeweils nur einem Lö-

sungsweg, erfasst meist aber nicht das

gesamte Bild. „Ich will aber wissen, ob je-

mand in der Lage ist, Fehler zu erkennen,

etwas daraus abzuleiten und es besser zu

machen,“ so Zimmermann.

Die Gesellschaft formt

Was aber hält uns eigentlich in der

Denkspur? Darauf finden sich Antworten

aus den unterschiedlichsten Perspekti-

ven. Für Prof. Dr. Gerald Hüther etwa

spielt unsere Soziokultur eine große Rol-

le: „Schulen sind doch nicht dazu da, da-

mit Schüler ihre Potenziale entfalten. Die-

ses Anliegen steht dort jedenfalls nicht im

Mittelpunkt.“ Das behauptet auf jeden

Fall der renommierte Hirnforscher. Er

sieht die limitierenden Faktoren weniger

in unserem biologischen Set an Anlagen

und Möglichkeiten, als in den gesell-

schaftlichen Rahmenbedingungen, also

gewissermaßen dem Biotop, in dem unse-

re Fähigkeiten verkümmern oder gedeihen.

„Es geht leider auch noch heute in unserer

Gesellschaft um die Funktionalisierung

des Menschen, also um die Nutzung des

Einzelnen zu bestimmten Zwecken“, er-

klärt der Neurobiologe, der seine Erkennt-

nisse auch im Expertendialog Zukunft

Bildung der deutschen Bundeskanzlerin

Angela Merkel beisteuert. „Schüler wer-

den gezielt darauf vorbereitet, etwas

ganz Bestimmtes zu tun, ein festgelegtes

Bildungsprogramm zu durchlaufen und

möglichst viel von dem, was da gefordert

ist, auswendigzulernen.“ Das bringt wohl

auf Normen getrimmte Fachkräfte hervor,

aber wenige Quer- und Vorausdenker.

Konditionierung in den Konkurrenzmodus

Dressiertes Verhalten nennt Prof. Dr.

Hüther das und umreißt, warum unser

Bildungssystem seiner Meinung nach so

ist wie es ist: „Die Aufgabe von Schulen

ist es, die nachwachsende Generation so

vorzubereiten, dass die Absolventen spä-

ter möglichst gut dafür geeignet sind, das

jeweils herrschende wirtschaftliche und

soziale System der Gesellschaft zu stabili-

sieren.“ Und weil sich das Kaiserreich vom

Kapitalismus unterscheide, ändere sich

auch die gesellschaftliche Konditionie-

2.2016

trends in qualification

Kompass

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