Nachgefragt
trends in automation:
Welchen
Stellenwert besitzt die Mikrosys-
temtechnik heute für die Forschung
und warum ist die Zusammenar-
beit in Netzwerken so wichtig?
Dr. Volker Nestle:
Die Zeit der grossen
Forschungsförderprogramme für die
Mikrosystemtechnik ist zwar vorbei,
aber aktuelle Trends in der Automati-
sierung wie z. B. „Smart & Intuitive“
oder „Systems of Systems“ haben
ohne den konsequenten Einsatz der
Mikrosystemtechnik keine Chance auf
Erfolg. Daher werden wir in Zukunft
noch stärker das Ziel einer wirtschaft-
lichen Produktion von Mikrosystemen
in kleinen Stückzahlen verfolgen.
Dies ist ohne eine exzellente Vernet-
zung nicht zu schaffen, weshalb wir
uns intensiv in Technologieclustern
und -netzwerken engagieren.
Dr. Volker Nestle,
Leiter Research
Microsystems,
Festo
genannt. Hierbei muss die gesamte
Fluidik, inklusive der Behälter, Pumpen
und Sensoren, auf einen Träger in
Scheckkartenformat passen“, beschreibt
der Mikrosystemtechnik-Experte das Bei-
spiel der medizintechnischen Kleinstbau-
weise. Das miniaturisierte Endprodukt
fordert ebensolche Montageprozesse,
die sich vom Pick&Place über Kunst-
stoffschweissen bis hin zu Dosierein-
heiten im Nanoliterbereich erstrecken.
Erfolg auf engstem Raum
Den Trend zur Miniaturisierung hat Festo
früh erkannt und durch eine kontinuier-
liche Verkleinerung unter anderem von
Ventilinseln weiter vorangetrieben. Mini-
aturventilinseln ermöglichen das Ansteu-
ern selbst kleinster Antriebe auf engstem
Raum und sogar die Installation auf
bewegten Komponenten. Einen wesentli-
chen Beitrag leisten hierzu kleinbauende
Piezoventile. Sie bieten eine dreimal
höhere volumenspezifische Leistung als
herkömmliche Ventile gleicher Bauart.
Festo gibt sich aber mit innovativer
Dosierventil-Technologie nicht zufrieden
und denkt über die Grenzen des derzeit
Machbaren hinaus. So engagiert sich
das Unternehmen im Projekt KonKaMis
des Spitzenclusters MicroTEC Südwest.
Das Ziel von KonKaMis ist die Entwick-
lung einer konfigurierbaren Kamera für
Mikrosysteme, die z. B. hochdynamische
Befüllvorgänge kleinster Volumina in
verschiedenen Applikationen der Labor-
automatisierung überwachen kann.
Für das bereits beantragte Folgeprojekt
INSERO3D liefert KonKaMis die Grund-
lagen für den Aufbau einer miniaturisier-
ten 3D-Kamera, die erstmals eine direkte
Orientierung von Servicerobotern im
Raum ermöglicht und damit neue Dimen-
sionen in der Mensch-Technik-Interaktion
erschliesst.
Mini, gross im Kommen
Dass der Mikrosystemtechnik und mit
ihr auch der Mikropneumatik in weiten
Bereichen der Automatisierung die
Zukunft gehört, liegt für Dr. Volker Nestle,
Leiter Research Microsystems, Festo, auf
der Hand. Er erwartet, dass Mikropneu-
matik und Mikrosystemtechnik aufgrund
ihres Innovationspotenzials auch in
Zukunft wesentlich dazu beitragen werden,
die Wettbewerbsfähigkeit am Technologie-
standort Deutschland auszubauen.
Klein, aber mit grosser Wirkung:
Zündkapseln (links) lösen Airbags wie hier
den Frontairbag des neuen Volvo 40 aus,
der Fussgänger beim Aufprall schützt.
Foto: Volvo Car Corporation
1.2013
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